Es gilt das gesprochene Wort!
Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Mitbrüder,
vor allem aber lieber Bischof Nikolaus –
ich habe ihn am Anfang gar nicht vorgestellt, weil wir nun schon eine ganze Woche gemeinsam in Hamburg unterwegs waren und jetzt auch hier in Rom miteinander angekommen sind. Wir verbringen diese Zeit Seite an Seite. Es ist Bischof Nikolaus Baisi aus unserem Partnerbistum Iguazú in Argentinien. Er hat eine Woche in Hamburg verbracht und begleitet uns nun eine weitere Woche hier auf unserer Pilgerreise. Lieber Nikolaus, noch einmal ganz herzlich willkommen!
Er ist nicht allein gekommen – mit ihm reisen Pater Enrico und Pater Pedro, und irgendwo in der Gemeinde sind auch Frau Kollmann und Herr López, die zu seinem engeren Mitarbeiterstab im Vikariat von Iguazú gehören. Es ist ein schönes Zeichen, dass wir mit unserem Partnerbistum und mit so vielen von Ihnen gemeinsam auf Pilgerfahrt gehen dürfen.
Ich freue mich besonders, dass auch so viele Jugendliche dabei sind. Ihr habt heute Vormittag Rom sozusagen „in moderner Form“ kennengelernt – mit einer eindrucksvollen Show im Museum. Jetzt aber sind wir hier, im Petersdom, und feiern. Und wenn wir in Rom in die Kirchen kommen, dann sind das eben keine Museen – hier lebt der Glaube.
Natürlich kommen viele Touristen, um die Schönheit zu sehen, aber viele, die in diesem Heiligen Jahr hierher pilgern, kommen bewusst als Gläubige, als Suchende. Sie kommen im Jahr der Hoffnung, um mit einer tieferen Hoffnung wieder nach Hause zu gehen – gestärkt im Glauben und in der Liebe.
Ich wünsche Ihnen, dass genau das in diesen Tagen hier in Rom geschieht: dass die Begegnungen, die Feiern, das Miteinander, die Gottesdienste, aber auch die stillen Momente Ihnen helfen, Ihren Glauben zu vertiefen – Ihre Beziehung zu Gott und zu Jesus Christus.
Vielleicht hat uns dieser Pilgertag mit dem Gang durch die Heilige Pforte schon ein wenig dabei geholfen. Normalerweise gehen wir einfach in eine Kirche hinein – ohne großen Aufwand. Heute war der Hinweg lang, die erste Etappe eines Pilgerweges. Und jede Pilgerschaft beginnt mit einem Weg, einem langsamen Aufbruch zu Gott.
Vielleicht hat Ihnen die Allerheiligenlitanei, die wir unterwegs gebetet und gesungen haben, geholfen, sich zu fragen:
Wohin bin ich eigentlich unterwegs?
Nicht nur hier in Rom – sondern in meinem Leben.
Gerade junge Menschen fragen sich oft:
Was ist mein Ziel im Leben? Was will ich erreichen? Was soll aus mir werden?
Vielleicht besuchen einige von Ihnen die Kirche „Quo Vadis“ – der Name bedeutet: Wohin gehst du?
Er geht zurück auf eine alte Legende:
Der heilige Petrus war auf der Flucht, als in Rom die Christen verfolgt und getötet wurden. Auf dem Weg hinaus aus der Stadt begegnete ihm Jesus selbst. Und Petrus fragte ihn: Quo Vadis, Domine? – Herr, wohin gehst du?
Und Jesus antwortete: Ich gehe nach Rom, um mich erneut kreuzigen zu lassen.
Daraufhin hielt Petrus inne, kehrte um und ging zurück nach Rom – bereit, sein Leben zu geben. An der Stelle seines Martyriums steht heute dieser Petersdom.
Quo Vadis – Wohin gehst du?
Diese Frage gilt auch uns: Der Weg soll uns immer näher zu Christus führen. Es muss nicht das Martyrium sein, wie bei Petrus, aber das Zeugnis des Glaubens, das uns alle angeht.
Die Priester tragen heute das rote Messgewand, das an die Märtyrer erinnert – an jene, die ihren Glauben mit dem Leben bezeugten. Und dann sind wir durch die Heilige Pforte gegangen – langsam, Schritt für Schritt.
Seit Jahrhunderten wird diese Tür im Petersdom in einem Heiligen Jahr geöffnet. Es ist bewegend, sie offen zu sehen.
Mich begleitet seit meiner Diakonenweihe ein Wort aus der Offenbarung:
„Ich habe vor dir eine Tür geöffnet, die niemand schließen kann.“
Wenn man durch die Heilige Pforte geht, wird das spürbar: Gott hat eine Tür geöffnet, die niemand schließen kann.
Wir rennen also nicht mit dem Kopf gegen die Wand, wir müssen uns den Weg nicht erkämpfen – der Weg ist frei, weil Gott ihn geöffnet hat.
Und Jesus selbst sagt: Ich bin die Tür.
Am Ende ist er die Tür, die uns führt – zum Leben, zum ewigen Leben.
Als wir dann durch die Tür gingen, traten wir in diesen großartigen Dom ein:
Ein riesiger Raum, für mich in diesem Jahr ein Raum der Hoffnung.
Ich wünsche Ihnen, dass Ihre Hoffnung weit ist – geweitet durch die Begegnung mit so vielen Menschen im Glauben: Ältere, Jüngere, Suchende, Menschen, die sich nicht mit dem Status quo der Welt zufriedengeben, sondern hoffen, dass es besser werden kann, wenn wir mit Gott leben.
Und jeder von uns – da, wo wir leben – ist ein Hoffnungsträger. Nehmen wir diese Hoffnung von der Pilgerfahrt mit in unseren Alltag. Stecken wir andere an – mit der Hoffnung auf das Gute, auf das Schöne.
Wir sind durch eine Tür gegangen – in einen großen, neuen, wunderbaren Raum. Wer glaubt, geht durch Christus immer in einen solchen Raum aus Glaube, Hoffnung und Liebe.
Der heilige Augustinus hat einmal gesagt:
Porta patens – die Tür steht offen.
Und er fügt hinzu: Porta patens, cor magis – die Tür steht offen, doch noch mehr: mein Herz steht offen.
Darum pilgern wir: um ein weites Herz zu bekommen, das offen ist für viele Menschen. Dann wird diese Pilgerfahrt eine großartige Reise – eine, die heute erst beginnt und uns in den kommenden Tagen an viele Orte führen wird.
Manches werden wir gemeinsam erleben, manches in kleinen Gruppen – aber alle sind wir unterwegs, immer wieder auf dem Weg durch Christus, hinein in die weiten Räume der Hoffnung.
Denn: Gottes Herz ist weit geöffnet – und es wird niemals wieder geschlossen.