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Predigt

Reformationsempfang in Sternberg

31. Oktober 2016
Sternberg

Es gilt das gesprochene Wort


Sehr geehrte Damen und Herren,

in der letzten Woche wurde ich für eine Produktion des NDR zu Luther befragt. „Was schätzen Sie an Luther?“, war die Ausgangsfrage. Drei Aspekte waren es, die mir wichtig waren: die von ihm angestoßene geistliche Erneuerung, seine Verwurzelung in der Heiligen Schrift und vor allem seine persönliche Gottesbeziehung. Auch Papst Franziskus hat heute in Lund deutlich anerkennende Worte für Luther gefunden.

Diese katholischen Würdigungen Luther machen deutlich: Wir leben im Zeitalter der Ökumene. Der Papst ist heute und morgen anlässlich des Reformationsgedenkens in Schweden, unter anderem auch Landesbischof Ulrich. Als katholischer Erzbischof bin ich heute Abend zum Reformationsempfang eingeladen. Vor rund zwei Wochen sind katholische und evangelische Bischöfe zusammen ins Heilige Land gepilgert. Aus dem Norden waren Bischöfin Fehrs und Weihbischof em. Jaschke dabei.
Die Liste ließe sich noch fortsetzten um ökumenische Gottesdienste, gerade jetzt im Gedenkjahr und vieles mehr. All diese kleineren und größeren Zeichen sind Ausdruck der theologischen, der kirchlichen und vor allem der menschlichen Annäherung der letzten Jahrzehnte. Man könnte meinen, wenn es in diesem Tempo weitergeht, müsste nach einigen weiteren Jahren die Einheit der Christen - oder zumindest die zwischen Katholiken und Lutheranern - vollendet sein.

Wir müssen leider auch gegenteilige Erfahrungen machen. Sie haben heute Abend die neue Lutherbibel vorgestellt. Wir als Deutsche Bischofskonferenz haben gerade mit den anderen katholischen Bischöfen im deutschsprachigen Raum die neue Einheitsübersetzung verabschiedet. Sie wird im Dezember erscheinen. Das Wort Gottes, das uns verbindet, übersetzten wir unterschiedlich. Angesichts bestehender theologischer Differenzen im Bereich der Ämter und der Eucharistie ist das fast eine Nebensächlichkeit. In bio- und sozialethischen Fragen scheint mir zudem der ökumenische Konsens in den letzten Jahren eher kleiner als größer zu werden.
Mir ist wichtig zu betonen: Ich bin dankbar für die ökumenischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte. Ich möchte sie nicht missen. Zugleich habe ich den Eindruck, dass uns die immensen Fortschritte die – im Moment – bleibenden Differenzen noch schmerzlicher vor Augen führen.

In dieser Situation ist es wichtig, das Erreichte weiterzuentwickeln. Papst Franziskus hat dafür heute in Lund deutliche Worte gefunden: „Wir dürfen uns nicht mit der Spaltung und Entfremdung abfinden, die durch die Teilung unter uns hervorgerufen wurden. Wir haben die Gelegenheit, einen entscheidenden Moment unserer Geschichte wiedergutzumachen, indem wir Kontroversen und Missverständnisse überwinden, die oft verhindert haben, dass wir einander verstehen.“
Gleichzeitig müssen wir die momentan bleibenden Differenzen aushalten. Die inhaltlichen ökumenischen Annäherungen sind sicher ein Geschenk des Herrn. Mindestens genauso gnadenhaft ist aber eine anderer Aspekt: Unsere derzeit bleibenden Differenzen führen nicht [mehr] zu offenen Konflikten. Es ist hier oft von versöhnter Verschiedenheit die Rede. Sie ist zwar nicht das Ziel der Ökumene, aber sie ist ein Zwischenschritt. Hinter diesen Schritt dürfen wir auf gar keinen Fall zurück. Auch wenn sich unsere Überzeugungen unterscheiden, wir halten es aus und bleiben im Dialog. Das friedliche Aushalten von Verschiedenheit und der Dialog sind etwas zentrales, was wir der Gesellschaft anzubieten haben. Die Demokratie in unserem Land hat es nötig.

Neben dem Aushalten bzw. der Annahme der Unterschiede gibt es aus meiner Sicht noch eine zweite aktuelle Dimension der Ökumene. Ich nenne Sie die Ökumene im Dienst. Als wir vor einigen Wochen das 25jährige Jubiläum unserer Telefonseelsorge gefeiert haben, wurde das sehr deutlich. Selbstverständlich arbeiten dort unsere Kirchen als Institutionen wie auch viele evangelische und katholische Christen als Ehrenamtliche zusammen. Auch in vielen anderen Bereichen eint uns das gemeinsame Engagement für Arme und Ausgegrenzte, Flüchtlinge oder für die Bewahrung der Schöpfung.
Diese Ökumene im Dienst macht deutlich: Christsein ist kein Selbstzweck. Wir sind nicht für uns selber Christen, wir sind es für Gott und für die Welt. Dieses ‚für‘, das heißt unsere Proexistenz, wird uns hoffentlich auch als Konfessionen näher zusammen bringen. Unsere Lübecker Märtyrer Hermann Lange, Eduard Müller, Johannes Prassek und Karl Friedrich Stellbrink sind mit die beeindruckendsten Beispiele hierfür.

Papst Franziskus sagte heute: „Wir werden als Christen in dem Maße ein glaubwürdiges Zeugnis der Barmherzigkeit sein, in dem Vergebung, Erneuerung und Versöhnung unter uns eine tägliche Erfahrung ist. Gemeinsam können wir auf konkrete Weise und voll Freude die Barmherzigkeit Gottes verkünden und offenbaren, indem wir die Würde eines jeden Menschen verteidigen und ihr dienen. Ohne diesen Dienst an der Welt und in der Welt ist der christliche Glaube unvollständig.“
Heute ist nicht nur der Auftakt für das große Reformationsgedenken. Für uns Katholiken ist heute Vorabend von Allerheiligen. Wir gedenken aller Heiligen – der großen und bekannten und auch der weniger bekannten, die nicht offiziell heilig gesprochen sind. Heilige sind Menschen, die dieses „für“ als Vorzeichen vor ihr Leben setzen konnten. Viele dieser Heiligen, dieser Zeugen haben mit ihrem Engagement unsere Kultur geprägt.

Heiligkeit ist keine Auszeichnung, sie ist unsere Berufung. Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Berufung aller Gläubigen zur Heiligkeit wieder neu vergegenwärtigt [vgl. LG 39-42]. Heilig wird man nicht nur durch Heldentaten oder große Werke. Sondern ich muss mich und mein alltägliches Leben von Gott prägen lassen. Wir alle sind als Christen zur Heiligkeit – zu einem Leben und Dienst für Gott und für die Menschen – berufen. Der Apostel Petrus formuliert es so: „Seid heilig, denn ich [der Herr] bin heilig.“ [1Petr 1,16]
Die Heiligkeit, die enge Verbindung mit Gott, mit Christus ist auch ein Weg der Ökumene. Je näher wir zu Christus kommen, je mehr wir uns für ihn öffnen, desto näher kommen wir auch als Konfessionen zusammen. „In ihm sind wir [durch die Taufe] schon eins.“, so haben wir es als katholische und evangelische Bischöfe hier im Norden in einem ökumenischen Bischofswort formuliert. In diesem Sinne freue ich mich, das Gedenkjahr 2017 als Christusfest gemeinsam zu feiern.

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