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Predigt

Predigt anlässlich des 81. Gedenkens zum Todestag der Sel. Lübecker Märtyrer

10. November 2024
Propsteikirche Herz-Jesu in Lübeck

„Das Herz Jesu erinnert uns an das Zueinander von göttlicher und menschlicher Liebe.  In den sehr herausfordernden Zeiten, wie uns die Ereignisse der letzten Tage deutlich vor Augen führen, spüren wir, dass der Ton rauer wird. Gesellschaftlich, in der Politik, im alltäglichen Miteinander – oftmals fehlt es an dem Quäntchen Mitmenschlichkeit und Herz. Papst Franziskus bringt es in seiner Enzyklika auf den Punkt: „Es fehlt das Herz“ oder noch drastischer formuliert er: es herrscht das „Anti-Herz“.

Erzbischof Dr. Stefan Heße

Es gilt das gesprochene Wort!

(1. Les.: 1 Kön 17, 10-16  ; 2. Les.: Hebr 9, 24-28 ; Ev.: Mk 12, 38-44 )

                                           

Ende Oktober, fast zeitgleich mit dem Ende der Weltsynode in Rom, hat Papst Franziskus die Weltkirche mit einem neuen Schreiben, einer Enzyklika überrascht, vor allem durch die Wahl des Themas. Viele, mich eingeschlossen, hätten zu diesem Zeitpunkt etwas zum Thema Synodalität erwartet, zu möglichen Veränderungen in der Kirche oder Neuerungen. Der Papst wählt aber einen ganz anderen Schwerpunkt: die Liebe des Herzens Jesu Christi.

Die Herz Jesu Verehrung gehört von Anfang an zur christlichen Frömmigkeit. Schon bei den Kirchenvätern spielt das Herz Jesu, das am Kreuz durchbohrt wird, eine zentrale Rolle. Diese Frömmigkeit hat dann im Mittelalter einen Höhepunkt erlebt durch die Französin Maria Margareta Alacoque. Schließlich lebt die Herz Jesu Verehrung im 18. und 19. Jahrhundert wieder stark auf. Deswegen kommt es nicht von ungefähr, dass die erste katholische Kirche in der Lübecker Innenstadt ,1891 errichtet, den Titel „Herz Jesu“ erhält.

Bei allem, was ich bisher von den Lübecker Märtyrern gelesen und gehört habe, fiel mir das Thema des Herzens Jesu nie auf. Durch das Schreiben des Papstes habe ich aber einmal bewusst danach gesucht - und bin fündig geworden. Nicht nur die drei katholischen Priester, sondern auch der evangelische Pfarrer sprechen über das Herz, die Herzlichkeit und das Herz Jesu. 

1. Das Herz Jesu schlägt

Hermann Lange schreibt am 25. Juni 1943, kurz nach seiner Verurteilung zum Tod, an seine Eltern. Es ist nicht sein letzter Brief, aber dennoch ein sehr prominenter. Und ausgerechnet da bringt er sein Sterben mit dem Herzen Jesu zusammen: „Was wir mit unserem Tod bezeugen wollen, ist das große Herz Jesu, das für alle schlägt, auch für uns. In diesem Herzen vereint, finden wir uns im Leben und im Sterben geborgen.“ Das Herz Jesu ist für ihn die große Energiequelle, aus der er lebt und auch zu sterben hofft. Wie in unserem Körper das Herz der große Muskel ist, ohne den wir nicht leben können, so das Herz Jesu in Kirche und Welt. Es ist die Kraft der Liebe, die es unaufhörlich pumpt. Es ist die Gewissheit, dass wir es mit einem Gott zu tun haben, der nicht in erster Linie kontrolliert, maßregelt oder einschüchtert, sondern mit einem Gott, dessen Herz für die Menschen schlägt. Für Hermann Lange steht fest: dieses Herz hat nicht irgendwann einmal geschlagen. Es schlägt - unaufhörlich.

2. Leiden in Liebe verwandeln

Ich greife einen Gedanken zum Herzen Jesu von Johannes Prassek auf: „Das Herz Jesu ist die Quelle, aus der wir die Kraft schöpfen, unser Leiden in Liebe zu verwandeln.“

Leiden und Liebe scheinen auf den ersten Blick zwei Gegenpole des menschlichen Empfindens zu sein: Niemand leidet leicht oder gerne. Die Liebe hingegen zieht, davon bekommt der Mensch nie genug. Doch beim genaueren Betrachten stehen Liebe und Leiden nicht weit auseinander. Wer tief und innig liebt, weiß um den Schmerz, den die Liebe bringen kann. Etwa im Verlust des geliebten Menschen, im Mitleiden am Leiden des anderen oder im Fall der nicht erwiderten oder zerbrochenen Liebe. Love hurts. Konkrete Beispiele gibt es zahllos: Eltern am Krankenbett des Kindes, im Durchtragen einer Ehekrise, im Verzeihen von erlittenem Unrecht. Die Kraft, um durch alle Widrigkeiten hindurch zu lieben, kommt wiederum aus der Liebe selbst. Da, wo die Sehnsucht und die Kraft der Liebe den Menschen antreibt, ist er fähig zu großen, heroischen Dingen. Die Quelle ist immer die Liebe selbst.  Menschliche Liebe allein beflügelt, kann jedoch schwankend sein. Die Liebe, die nicht bricht und grenzenlos ist, ist die Liebe Gottes selbst.

Der Tod Jesu stellt die Liebe Gottes anschaulich vor Augen: Qualvoll, mit Gewalt verbunden, mit Schmerz. Jesus gibt sein Leben hin, nicht weil er muss. Er kann gar nicht anders, als für uns aus freien Stücken in die Bresche zu springen. Er gibt es von sich aus, mit ganzem Herzen und verwandelt unsere Hoffnungslosigkeit in Hoffnung, Tod in Erlösung, Sünde in die Freiheit der Kinder Gottes.

Johannes Prassek greift den Gedanken auf und überträgt ihn auf unser Leben. Auch wir haben die Chance, zu glauben, dass die Liebe das Leiden verwandeln kann. Und es macht einen Unterschied, ob ich etwas über mich ergehen lasse, etwas nur erleide und ertrage oder ob ich es aus der Haltung der Liebe angehe.

3. Herzlichkeit

Karl Friedrich Stellbrink übersetzt die Frömmigkeit ins Leben, den Glauben in die mitmenschlichen Beziehungen: „Die Herzlichkeit unter uns ist das Abbild der göttlichen Liebe.“ Eduard Müller sagt ähnlich: „In der Liebe Christi finden wir die wahre Herzlichkeit, die uns zu unseren Brüdern führt“ Das Herz Jesu bleibt also nicht das Bild einer individuellen Beziehung oder gar einer individualistischen Verengung – der liebe Gott und ich – Gottesliebe und Nächstenliebe bilden eine unaufgebbare Einheit. Die Erfahrung der Liebe drängt den Menschen aus sich selbst heraus zum Nächsten hin.

Das Herz Jesu erinnert uns an das Zueinander von göttlicher und menschlicher Liebe.  In den sehr herausfordernden Zeiten, wie uns die Ereignisse der letzten Tage deutlich vor Augen führen, spüren wir, dass der Ton rauer wird. Gesellschaftlich, in der Politik, im alltäglichen Miteinander – oftmals fehlt es an dem Quäntchen Mitmenschlichkeit und Herz. Papst Franziskus bringt es in seiner Enzyklika auf den Punkt: „Es fehlt das Herz“ oder noch drastischer formuliert er: es herrscht das „Anti-Herz“.

Die Lübecker Märtyrer leben aus dem Herzen Jesu, sie zeigen selbst Herz und laden uns dazu ein.

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