„Niemand wird frei, indem er noch so knifflige Aufgaben bewältigt oder sich den Himmel verdient. Frei wird, wer das Leben mit IHM teilt, wer Anteil findet an seiner Auferstehung und an seinem Leben.“
Erzbischof Dr. Stefan Heße
Es gilt das gesprochene Wort!
(1. Les.: Jes 25,6a.7-9; 2. Les.: 2 Kor 5,1.6-10; Ev. : Joh 11, 17-27)
Die Gamescom ist das Herz der Gaming-Kultur. Immer wieder werden neue Computer – und Videospiele entwickelt und auf dieser Spezialmesse vorgestellt. Jedes Spiel findet seine Fans. Ich kenne z.B. jemanden, der von Escape Rooms begeistert ist. Und offenbar trifft er damit den Nerv bei vielen jungen Menschen. Diese Spielidee gibt es sogar als eigenes Geschäftsmodell. In jeder großen Stadt, auch hier bei uns, kann man solche Escape Rooms buchen. Auch wir haben solch einen Escape Room schon einmal hier in einem der Türme am Dom gehabt. Grob gesagt geht es darum, dass mehrere Menschen in einem Raum zusammen eingeschlossen sind und erst dann herauskommen, wenn sie eine Aufgabe nach der anderen gelöst haben. Escape bedeutet: „ausbrechen, entkommen“.
Herauswollen, entkommen, freiwerden, nicht mehr eingeschlossen sein - das will jeder. Und zwar nicht nur hier oder da, sondern aufs Ganze des Lebens. Der Freiheitswille der Menschen zeigt sich durch die ganze Geschichte hindurch. Kein Mensch ist auf Dauer dazu bereit, eingeschlossen zu sein. Wir haben gesehen, wie belastend es in der Pandemie-Situation war, sich nicht frei bewegen und treffen zu können. In diesen Tagen denken wir besonders zurück an die friedliche Revolution und wie der Durst unserer Brüder und Schwestern im Osten Deutschlands nach einem freien und selbstbestimmten Leben letztlich Mauern zum Einstürzen brachte.
Das Letzte, was der menschlichen Freiheit und dem Lebensdurst des Menschen ein Ende zu setzten scheint, ist der Tod. Für viele ist der Tod daher der große Spielverderber, der alle Träume von Leben, Selbstverwirklichung und Freiheit zunichtemacht. Es scheint aus dem Tod keine Exit-Strategie zu geben, kein Rätsel, das gelöst werden kann, um dem Tod von der Schippe zu springen.
Im Escape-Spiel kommt man dadurch frei, in dem man unter Einsatz von Klugheit und Taktik Aufgaben löst und bewältigt. Diese Strategie funktioniert im Leben nur bedingt, denn klar ist: das Wichtigste im Leben – Liebe, Gesundheit, Freundschaft – kann man nicht man erwerben und erringen, sondern sich nur schenken lassen. Dasselbe gilt für den Glauben und die Liebe Gottes. Wenn also Jesus sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ bedeutet das: Niemand wird frei, indem er noch so knifflige Aufgaben bewältigt oder sich den Himmel verdient. Frei wird, wer das Leben mit IHM teilt, wer Anteil findet an seiner Auferstehung und an seinem Leben.
Wenn jemand stirbt, versammeln wir uns zum Gottesdienst, oft zur Eucharistie, dem Gedächtnis des Leidens und Sterbens Jesu. Vielfach wird dieser Gottesdienst auch einfach nach dem ersten lateinischen Wort der toten Messe bezeichnet: Requiem: die ewige Ruhe möge dem Verstorbenen zuteilwerden. In meiner Heimat in Köln hat man bis vor einigen Jahren auch sehr häufig von den Exequien gesprochen. Diese Bezeichnung leitet sich ab vom lateinischen ex (=heraus) und sequi (= nachfolgen) und bedeutet, dass man dem Toten das Geleit gibt, ihn begleitet. Derjenige, der vorangeht auf diesem letzten Weg des Toten ist Christus selbst. Er selbst ist in den Tod hinabgestiegen und weiß, was das für uns Menschen bedeutet. Mit seiner Auferstehung hat er dem Tod die endgültige Macht genommen – wir dürfen an das Ewige Leben glauben. Die Osterikone der Ostkirche zeigt eindrucksvoll den Auferstandenen, der angefangen bei Adam und Eva die Gefängnisse dieser Welt und des Todes für alle Menschen von Innen geöffnet hat. Auf seinen Fußspuren kommen wir heraus, weil ER selbst diesen Raum zerstört und gesprengt hat. Unser Escape Room ist Jesus Christus selbst, die Auferstehung und das Leben.