Es gilt das gesprochene Wort!
Schrifttexte: Jes 42, 5a.1-4.6-7; Apg 10, 34-38; Mk 1, 7-11
Liebe Gemeinde!
Wir kennen die vier großen Texte von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, die wir als Evangelien bezeichnen. Tatsächlich beginnen sie alle mit unterschiedlichen Eingangsformulierungen. Matthäus beginnt mit dem Stammbaum Jesu und spricht vom „Buch des Ursprung Jesu Christi“. Lukas beginnt erzählerisch: „Schon viele haben es unternommen, eine Erzählung über die Ereignisse abzufassen, die sich unter uns erfüllt haben … Nun habe auch ich mich entschlossen … der Reihe nach aufzuschreiben“. Und schließlich Johannes beginnt meditativ-philosophisch: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott“. Markus dagegen spricht ausdrücklich vom Evangelium. Sein Text beginnt mit: „Anfang des Evangeliums von Jesus Christus“.
Evangelium, das ist die frohe Botschaft schlechthin, die Heilsbotschaft. Hier ist alles zusammengefasst, woraus die Hörer und die Leser, also auch wir Hoffnung und Zuversicht schöpfen können, Freude, Leben.
Die Szene von der Taufe am Jordan liefert uns einige Aspekte, die auch für unser Christsein heute und für uns als Kirche wegweisend sind und bleiben.
1. „Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich“
Johannes weist, dass er selber nicht der Messias, der Heilsbringer ist. Er hat die große Fähigkeit, sich zu relativieren, sich eben nicht zu überschätzen, sondern als Vorläufer, als Wegbereiter aufzufassen. Er weiß um seine Rolle und seine Aufgabe. Aber er ist nicht der letzte in der Reihe. Nach ihm geht es weiter, und zwar nicht irgendwie, sondern qualitativ auf einem ganz anderen Niveau: da folgt einer, der stärker ist.
Liebe Gemeinde,
als Kirche können wir uns sehr gut in Johannes dem Täufer wiederfinden. Die Kirche ist nie eine letzte Größe, sondern höchstens eine vorletzte. Wenn die Kirche wirklich Kirche des Herrn sein möchte, dann weiß sie, der Stärkere ist immer im Kommen. Kirche ist und bleibt immer eine adventliche; sie erwartet stets den Stärkeren.
Der Stärkere ist nicht derjenige, der über noch mehr Kraft und Gewalt verfügen würde, über mehr Mittel und Potenziale. Mir kommt in den Sinn, dass dieses Wort vom Stärkeren, im griechischen steht hier ischyros, in den Gesängen des Karfreitags bei der Kreuzverehrung gesungen wird, ein Lob auf den heiligen, den unsterblichen, den starken Gott. Wenn wir diesen Zusammenhang im Sinn haben, dann wissen wir, es geht um eine stärkere Liebe, die sogar stärker ist als der Tod (vgl. Hld 8,6). Diese Liebe hat Christus in die Welt gebracht – auch zu Dir und mir. Auf dieser Liebe baut meint Leben, ruht die ganze Kirche, jeder einzelne Mensch.
2. „Ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen“
Mit diesem Bild von den Sandalen und dem Bücken will Markus den gewaltigen Unterschied zwischen dem Täufer und Christus selbst noch einmal unterstreichen. Nach rabbinischer Regel soll der Schüler seinem Lehrer alle Dienste eines Sklaven tun, nur nicht das Lösen der Schuhe. Johannes ist der letzte in der Reihe der Propheten. Jesus selbst mehr als all das. Er ist der Erlöser selbst.
Mit diesem Gedanken ist wirklich Freude verbunden: der Erlöser ist da. An Weihnachten haben wir's gesungen: Christ, der Retter ist da! Wir brauchen die Welt und auch die Kirche nicht zu retten. Das liegt in den Händen eines anderen. Wir sind bloß Vorläufer, Wegbereiter, Diener, Mitarbeiter. Und das ist etwas Großartiges.
Dieses Wort beinhaltet auch einen wertschätzenden Umfang miteinander, den wir gerade in einer Zeit, wo der Ton in Gesellschaft und Kirche rauer zu werden scheint, dringend nötig haben.
3. „Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen“
Die Wassertaufe des Johannes ist in keiner Weise zu verwechseln mit der Taufe, wie wir sie kennen. Es ist ein Zeichen, ein ultimativer Ausdruck, wirklich umzukehren, verbunden mit der Hoffnung, dem ewigen Feuer des Gerichtes Gottes irgendwie entkommen zu können. Dieses brennende Feuer wird symbolisch durch die Wassertaufe des Johannes gelöscht.
Die neue Taufe Jesu ist keineswegs nur ein äußeres Zeichen, sondern Wirklichkeit. Jetzt geht es nicht mehr darum, ins Wasser ein- und aufzutauchen, sondern in Gott selbst hinein zu tauchen, von seinem Geist durchtränkt zu werden.
Das Christsein, das Mitglied sein in der Kirche beginnt stets mit der Taufe. Etwas Größeres kann es nicht geben. Deswegen heißt Christsein immer, die Möglichkeiten der Taufe, die Möglichkeiten, die Gottes Geist uns schenkt, auszuschreiten und aus diesem Geist zu leben.
Liebe Schwestern und Brüder,
das ist die frohe Botschaft, das Evangelium, das Markus uns hinterlässt. Er schließt sein Evangelium im letzten Kapitel mit der Aussendung: Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium! Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet (Mk 16,15f). Das, was Markus hier aufgeschrieben hat, soll in der christlichen Mission alle Völker erreichen. Diesen Auftrag haben auch wir als Erzbistum Hamburg im 30. Jahr seit der Neubegründung 1995 weiter auszuführen. Dafür bin ich sehr dankbar und das will ich gerne mit Ihnen allen zusammen auch im neuen Jahr fortsetzen.
Amen.