Liebe Schwestern und Brüder,
das Bild vom Feuer macht deutlich, wie sehr wir den Heiligen Geist brauchen: um die Schuld zu vernichten und zu verbrennen, um das unauslöschliche Prägemal am Brennen zu erhalten und um in Eifer und Schwung zu kommen. Heiliger Geist, komme heute über uns wie Feuer! Komm, Heiliger Geist, und entzündete in uns das Feuer deiner Liebe! Ein sehr kühnes Gebet – gerade heute!
Erzbischof Dr. Stefan Heße
Es gilt das gesprochene Wort!
(1. Les.: Apg 2, 1-11 ; 2. Les.: 1 Kor 12, 3b-7.12-13 ; Ev.: Joh 20, 19-23 )
Vor einer Woche hat es im Marienkrankenhaus hier in Hamburg gebrannt. Bereits am Nachmittag konnte ich mir einen ersten Eindruck von den Schäden machen; beim Gang durch das Haus sah ich die fluchtartig verlassenen Zimmer, hatte den beißenden Brandgeruch in der Nase, sah die brandgeschwärmten Zimmer. Vier Menschen sind gestorben, viele weitere verletzt. Gott sei Dank haben sie schnell Hilfe erfahren. Aber was sich in die Herzen und Seelen der Menschen eingebrannt hat, das werden wir wohl erst im Laufe der Zeit erfahren.
Diesen schrecklichen Brand vor Augen habe ich in den Texten und Liedern zu Pfingsten heute besonders das Feuer wahrgenommen. Der Heilige Geist wird in vielen Bildern beschrieben. Eines davon ist das Feuer – ein ganz anderes ist das Wasser. Daran sieht man, wie gegensätzlich die Bilder ausfallen, und dass sie nicht eins zu eins übertragen werden dürfen, sondern ihre Aussageabsicht stets interpretiert werden muss. Versuchen wir uns heute an diesem Bild des Feuers.
Feuer hat eine sehr kraftvolle Wirkung; es ist nicht harmlos – es kann sehr gefährlich werden. Das haben die Menschen beim Brand im Marienhospital deutlich zu spüren bekommen. Diese zerstörerische Dimension des Feuers und damit des Heiligen Geistes darf von uns nicht einfach übergangen werden. Der Heilige Geist ist in der Tat jemand, der auch zerstört – und zwar das, was gegen Gott steht, was nicht mit Gott zusammengeht. Schlicht und einfach gesagt: der Heilige Geist möchte die Sünde zerstören, sie beseitigen. Oder um ein Bild des heiligen Paulus aufzugreifen: der Geist, der den überkommenen Menschen niederreißen und den neuen aufbauen möchte. Cyrill von Jerusalem fasst es in die Worte: „Der Heilige Geiste verbrennt die Dornen der Sünde“.
Ein kontrolliertes Feuer hingegen leuchtet und vermittelt Wärme. Vielleicht ist das gerade das schöne und positive Bild des Heiligen Geistes: Es springt der Funke des göttlichen Feuers auf den Menschen über mit starker Wirkung. Wir werden entzündet, wir werden entflammt, es ist uns nicht mehr kalt ums Herz, wir sind nicht hilflos der Finsternis ausgeliefert. Das Feuer des Heiligen Geistes ist in uns entzündet und brennt. Wir dürfen uns auf die Gegenwart des Geistes Gottes verlassen. Als Gefirmte wissen wir, dass die Taufe und die Firmung in uns unauslöschlich sind. Dieses Feuer Gottes bekommt niemand klein oder ausgelöscht. Johannes der Täufer sagt in diesem Sinne über Jesus: „Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ (Mt 3,11).
Es gibt ein weiteres Bild zum Feuer, das wir in der deutschen Sprache benutzen, und zwar wenn wir vom Eifer sprechen. Um die Dynamik eines eifrigen Menschen zu untermauern, nennen wir den Eifer gerne auch Feuereifer. Wir wünschen uns Menschen, die eifrig sind, in denen etwas brennt, vielleicht sogar lichterloh lodert; Menschen, die Schwung haben. Vielleicht schwingt das in dem Worte Jesu mit: „Ich bin gekommen Feuer auf die Erde zu werfen und wie froh wäre ich, es würde schon brennen.“ (LK 12, 49). Das sehen wir bei den Aposteln: Vor Pfingsten waren sie laue, „lahme“ Typen. Sie konnten mit dem leidenden Herrn nicht eine Stunde wachen, hatten Angst vor äußeren Bedrohungen, waren wie gelähmt, voller Furcht. Mit dem Heiligen Geist waren sie vollkommen verändert, voller Leidenschaft und Mut. Und das bedeutet mehr als noch so viel Fleiß und Aktivität: Es ist der Feuergeist Gottes Geist in uns und nicht unsere Selbstbegeisterung.
Liebe Schwestern und Brüder,
das Bild vom Feuer macht deutlich, wie sehr wir den Heiligen Geist brauchen: um die Schuld zu vernichten und zu verbrennen, um das unauslöschliche Prägemal am Brennen zu erhalten und um in Eifer und Schwung zu kommen. Heiliger Geist, komme heute über uns wie Feuer! Komm, Heiliger Geist, und entzündete in uns das Feuer deiner Liebe! Ein sehr kühnes Gebet – gerade heute!