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Predigt

Predigt am Pfingstsonntag 2018 zum ZDF-Fernsehgottesdienst

20. Mai 2018
Kiel, Propsteikirche St. Nikolaus

Liebe Schwestern und Brüder,

manchmal lockt mich der Gedanke: Wäre ich doch damals dabei gewesen! Wäre ich doch damals bei Jesus und seinen Jüngern gewesen am See von Genezareth, in Kafarnaum, am besten gleich in Nazareth und natürlich in Jerusalem. Wäre ich doch dabei gewesen, als Jesus dort gelebt hat und das alles passiert ist, was uns die Evangelien überliefern – von seiner Geburt bis zu seinem Tod.

Vielleicht beschleicht ja auch Sie der Gedanke, einfach einmal die Zeit zurückdrehen und sich hineinzuversetzen in die Situation von damals. Aber warum eigentlich? Auch ich möchte Jesus direkt begegnen und diesen Glauben und diese Begeisterung der Apostel haben, von denen die Lesungen uns heute berichten.

Liebe Schwestern und Brüder, so faszinierend und verlockend der Gedanke auch ist, Gott geht einen anderen Weg. Gott will uns nicht dazu veranlassen, die Zeit zurückzudrehen und uns in die Vergangenheit hineinzuversetzen. Nein, Gott geht den Weg in die Gegenwart, in jede Gegenwart.

Wenn wir heute Pfingsten feiern, dann denken wir nicht nur an ein Ereignis von vor zweitausend Jahren damals in Jerusalem zurück. Wenn wir heute Pfingsten feiern, wenn wir hier Pfingsten feiern, dann aus der Gewissheit, dass Gott seinen Heiligen Geist immer wieder sendet wie den Jüngern an Pfingsten auch uns hier und heute.

Wenn Gott uns seinen Heiligen Geist immer wieder sendet, dann geht es uns nicht anders und erst recht nicht schlechter als den Aposteln vor zweitausend Jahren. Wenn Gott seinen heiligen Geist sendet, dann kann jeder Mensch eine direkte, eine unmittelbare Beziehung zu Gott haben. Dann ist er uns heute genauso nah wie den Gläubigen von damals.

Pfingsten, die Ausgießung des Heiligen Geistes, das ist nicht einfach die Vermittlung von Gaben, von Kraft, von Stärke, von Mut, von Gottesfurcht, von Weisheit und wie wir die Gaben des Heiligen Geistes nennen. Wir bestellen an Pfingsten nichts bei Gott und lassen uns auch heute nicht von ihm beliefern. Gott kommt vielmehr von sich aus auf uns zu. Er kommt auch nicht mit etwas, sondern er bringt sich selber. Der Heilige Geist ist nicht irgendeine Gabe, sondern der Heilige Geist ist Gott selber. Der Heilige Geist ist Gott in uns.

Liebe Schwestern und Brüder, Papst Franziskus hat kürzlich in einem Interview gesagt: „Gott ist jung. Er ist immer neu“. Gott kommt nicht in die Jahre, wird nicht verstaubt oder abgestanden. Er ist jung, er ist lebendig, weil er stets Gegenwart ist, stets präsent, immer im Jetzt. „Er ist immer eine Überraschung“ . Er liebt das Neue. Er kann träumen, er ist leidenschaftlich und beziehungsreich .

Papst Franziskus stellt in dem Interview einen wichtigen Zusammenhang her. Zunächst sagt er: „Gott ist jung“. Dann etwas später: „Die Kirche ist jung“. In der Tat gehört das zusammen: Der junge, jugendliche, frische, lebendige Gott und die ebenso junge, lebendige Kirche, ja der lebendige Mensch schlechthin.

Auch in unserem Leben gibt es immer wieder das Neue. Jeder einzelne Augenblick in unserem Leben ist einmalig. Jetzt ist der nächste Augenblick noch gar nicht da. Und gleich ist der letzte Moment schon wieder vorbei. Recht betrachtet besteht unser Leben aus lauter kleinen, immer neuen Augenblicken. Jeder einzelne Augenblick ist für uns eine Chance: Wir können den einzelnen Augenblick für etwas Großes öffnen oder verschließen. Wir haben das in der Hand. Als Christen können wir in jedem neuen Augenblick unseres Lebens die Neuheit und Frische Gottes hereinlassen oder eben nicht.

Liebe Schwestern und Brüder, in einigen Wochen werden wir hier im Erzbistum Hamburg eine große Diözesanwallfahrt nach Lübeck begehen. In Lübeck verehren wir vier Geistliche als Märtyrer. Es sind drei katholische Kapläne und ein evangelischer Pastor. Sie haben sich in den Wirren des Dritten Reiches zusammengetan und bei aller Trennung der Konfessionen vieles gemeinsam gemacht. Ihr Interesse galt der Jugend. Sie haben sich um die ausländischen Zwangsarbeiter gekümmert, obwohl das strengstens verboten war. Sie haben Unrecht beim Namen genannt und sich für die Würde des Menschen eingesetzt. Schließlich wurden sie verhaftet und in einem Schauprozess auf das persönliche Einlenken Adolf Hitlers hin zum Tode verurteilt. Am 10. November 1943 sind diese Lübecker Geistlichen in Hamburg im Gefängnis unter der Guillotine kurz nach 18.00 Uhr binnen weniger Minuten ums Leben gekommen. Die Quellen berichten, dass das Blut dieser vier Märtyrer ineinanderfloss.

Unser jetziger Papst Franziskus hat vor vielen Jahren als Jesuitenpater Hamburg besucht und hier einige Kinder getauft und dabei das Zeugnis dieser Märtyrer aus dem Norden kennengelernt. Seitdem geht ihm das nicht aus dem Sinn und immer, wenn ich mit ihm zusammen komme, erinnert er an dieses großartige Zeugnis des Blutes und der Ökumene der Märtyrer.

Schwestern und Brüder, diese Vier haben es vorbildlich gelebt, in viele neue Augenblicke ihres Lebens immer wieder Gottes Geist hereinzulassen. Aus diesem Geist heraus haben sie mutig gesprochen. Aus diesem Geist heraus haben sie entschieden gehandelt. Aus diesem Geist heraus haben sie Gottesdienst gefeiert und gebetet. Aus diesem Geist heraus haben sie gedacht und sich nicht kleinkriegen lassen. Und aus diesem Gottesgeist heraus ist auch der letzte Augenblick ihres Lebens, der Tod, in Leben verwandelt worden.

Liebe Mitchristen, wahrscheinlich kennen auch sie solche überzeugenden Gestalten unseres Glaubens. Pfingsten lädt uns dazu ein, es ihnen gleich zu tun. Eben nicht in die Vergangenheit und genauso wenig in die Zukunft auszuweichen, sondern in der Gegenwart zu leben. Christen sind Protagonisten der Gegenwart, weil Gottes Geist in dieser Zeit wirkt. Amen.

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