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Predigt

Predigt zur Priesterweihe von Florian Edenhofer und Henric Kahl

19. Mai 2018
Hamburg, St. Marien-Dom

Es gilt das gesprochene Wort!

(Schrifttexte: Apg 20,17-18a. 28-32; 36, Röm 12,4-8; Joh 17,6a. 11b-19)

Liebe Schwestern und Brüder,
lieber Florian, lieber Henric!

Die Erwartungen an Priester in der heutigen Zeit sind groß und sie sind vielfältig. Man erwartet einen Priester, der gut predigen kann. Andere wünschen sich einen, der eine ansprechende Liturgie feiern kann, der über die Fähigkeit verfügt, gut zu singen. Wieder andere führen die Jugend ins Feld. Die Priester müssen sich um die jungen Leute kümmern und einen Draht zu ihnen haben. Andere wollen die Alten und Kranken nicht vernachlässigt wissen. Auch hier muss der Seelsorger zur Stelle sein und den Nerv treffen können. Wieder andere wünschen sich einen guten Wegbegleiter, der ihnen gerade in Krisenzeiten oder vor großen Entscheidungen zur Seite steht. Schließlich sollte der Priester auch leiten können, eine Gemeinde zusammenführen können, ihr eine Richtung geben können und und und … v0n Hausmeistertätigkeiten und Entertainerqualitäten ganz zu schweigen.

Am meisten höre ich aber, dass Priester Menschen sein sollen, die selber mit beiden Beinen im Leben stehen, also Lebenserfahrung haben und viele Kontakte zu anderen Menschen. Sie sollen wissen, was im Leben vor sich geht. Der Priester soll jemand sein, wie Papst Franziskus kürzlich gesagt hat, der Sinn für die Wirklichkeit hat . Der Priester soll nicht weltfern oder weltfremd sein, auch nicht irgendwie über dem Boden der Tatsachen schweben, sich abschotten und zurückziehen. Er soll nah am Puls der Zeit sein und nah an den Menschen, eben mitten in der Wirklichkeit.

Liebe Weihekandidaten, eure Lebenswege haben euch über manche Umwege heute hier her geführt. Vielleicht waren es gar keine Umwege, sondern Wege, derer sich Gott bedient, um euch anzusprechen, denn „Gott umarmt uns mit der Wirklichkeit“. Gott umarmt euch mit der Wirklichkeit eures Lebens, mit den einzelnen Etappen, die es dort gibt. Dadurch hat er euch eine Richtung gegeben, hat er euch angesprochen und hierher geführt.

Eure Studienerfahrungen aber vielleicht noch mehr die Erfahrungen in der Alten- und Krankenpflege, beim Militär und in der Hochschulpastoral – all das sind ganz wichtige Berührungspunkte mit der Wirklichkeit des menschlichen Lebens. Ich hoffe und wünsche, dass ihr Priester mitten in der Wirklichkeit bleibt. Eure Weihe heute ist ja nicht das Ziel eures Weges, sondern eine wichtige Etappe, die euch weiter in die Wirklichkeit führt. Ihr werdet viele schöne Momente mit den Menschen erleben, aber etwa auch in der Beichte viele Grenzen aushalten müssen.

Dabei geht es mir nicht nur darum, die Wirklichkeit zu kennen, sondern diese Wirklichkeit auch anzunehmen, ja geradezu zu umarmen und zu lieben. Es geht nämlich nicht nur um die Kenntnis von Fakten, sondern um die Annahme des menschlichen Lebens in dieser Wirklichkeit.

Viele von Ihnen kennen die bemerkenswerte Begegnung des heiligen Franz mit dem Aussätzigen. Der junge Francesco ist diesem Aussätzigen vor den Toren seiner Heimatstadt Assisi begegnet – und ihm bewusst ausgewichen. Er hatte Angst vor dem Kontakt, er hat einen Bogen darum gemacht. Es brauchte Zeit, bis sich sein Leben so gewandelt hatte, dass er auf diesen Aussätzigen zugehen, ihn umarmen und sogar küssen konnte.

Liebe Schwestern und Brüder, in diese Richtung sollte es bei uns Christen und auch bei uns Priestern gehen: Die Wirklichkeit anzunehmen und sie zu umarmen und so zu lieben, wie der Heilige Franziskus.
Deswegen betet Jesus in unserem heutigen Evangelium: „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst“ (Joh 17, 15). Im Gegenteil, Jesus will uns tiefer in die Welt hereinführen und das heißt, tiefer in die Begegnung mit der Welt und den Menschen. Damit führen wir seinen Weg fort. Denn Jesus Christus ist in diese Welt gekommen, um ihr Schicksal zu teilen. Er hat diese Welt angenommen und ist nicht zum Scheinmensch geworden, sondern wirklich und ganz. Erlösung geschieht – wie ein Theologe unserer Tage einmal sagte – nicht durch Simulation, nicht durch Schein, sondern durch Assimilation, also durch Annahme und Übernahme. Letztlich ist das Kreuz, über das in diesen Tagen in unserem Land diskutiert wird, das Zeichen der Annahme dieser Wirklichkeit in seiner ganzen Tiefe und Härte. Der Gekreuzigte ist jemand, der sich in diese Wirklichkeit voll und ganz assimiliert. In diesem Sinne haben die frühen Kirchenväter den Satz geprägt: Was nicht angenommen wird, kann auch nicht erlöst werden. Erst die Annahme ermöglicht Heilung.
Liebe Weihekandidaten, gleich werdet ihr aus meiner Hand den Kelch und die Hostienschale erhalten. Als Priester werdet ihr fortan immer wieder, ja täglich die heilige Messe feiern. In jeder Eucharistie feiern wir, dass Christus die Wirklichkeit unseres Lebens voll und ganz angenommen und geteilt hat. Brot und Wein im Kelch sind Ausdruck des menschlichen Lebens, das Christus selber angenommen hat. Brot und Wein werden wirklich zur Gegenwart Christi in der Liturgie und in dieser Welt. Wir sprechen von der Realpräsenz. Zur Annahme der Wirklichkeit gehört also nicht nur, die Spuren Gottes in unserem Leben zu erkennen und das menschliche Leben wirklich anzunehmen. Es gehört noch ein Zweites dazu: Fest daran zu glauben und sich sicher zu sein, dass Christus diese Wirklichkeit längst angenommen hat und uns immer wieder mit seiner göttlichen Kraft in ganz schlichten Zeichen begegnet. Wenn wir das immer wieder feiern und glauben, dann brauchen wir vor der Wirklichkeit nicht zu fliehen. Wir brauchen keine Angst zu haben, sondern dann dürfen wir ihr trauen.

Lieber Florian, lieber Henric, dieses Vertrauen wird euch mal besser mal schlechter gelingen. Ihr werdet in eurem Dienst auch immer wieder an eure Grenzen stoßen und euch vielleicht fragen, „Reicht das? Bin ich der richtige dafür?“ Da ist gut zu wissen, dass Christus die Wirklichkeit nicht nur irgendwie allgemein angenommen hat oder nur die anderen annimmt. Nein, jeden von uns nimmt Christus an und wir dürfen uns darum erst recht auch selber annehmen.

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