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Predigt

Predigt zur Diakonen- und Priesterweihe

10. Oktober 2017
St. Ignatius von Loyola, Rom

Es gilt das gesprochene Wort!

(Schrifttexte: 1 Sam 3,1-10; 2 Kor 4,1-2.5-7; Joh 17,6a.11b-19)

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Weihekandidaten,

die Geschichte vom jungen Samuel ist bewegt mich immer wieder. Dreimal ruft Gott ihn und er reagiert darauf. Am Anfang gelingt es ihm noch nicht so gut. Der Schrifttext nennt dafür den entscheidenden Grund: „Samuel hatte nämlich den Herrn noch nicht kennengelernt“ (1 Sam 3,7).

Den Herrn kennenlernen. Gott kennenlernen. Oder aus neutestamentlicher Perspektive: Jesus kennenlernen – darum geht es. Das steht im Zentrum Ihrer heutigen Weihe. Was ist Ihr Auftrag als Diakon und Priester.

Im Mai 2007 bekennen die Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik im brasilianischen Aparecida: „Jesus kennenzulernen, ist das beste Geschenk, das einem Menschen zuteilwerden kann. Ihm begegnet zu sein, ist das Beste, was uns in unserem Leben passieren konnte. Ihn durch Wort und Tat bekannt zu machen, ist uns eine große Freude“.

Vor einigen Jahren sind mir lateinamerikanische Seminaristen begegnet, die vermutlich von diesem Text inspiriert waren. Im Laufe des Gespräches sagten sie: „Wir sind zwar nicht die Besten, aber wir gehen für die beste Botschaft der Welt!“

Liebe Weihekandidaten, in Ihren Familien, in Ihren Gemeinden, in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis, im Seminar und im Studium und in vielen anderen Zusammenhängen haben Sie diese beste Botschaft, Jesus selber, kennengelernt. Sie haben davon gehört, Sie haben Vorbilder erlebt, Sie haben darüber geredet, Sie haben sie durchdacht. Sie haben nicht zuletzt jahrelang Theologie studiert, also die Lehre von Gott. Sie kennen – um unser Evangelium aufzugreifen – Gottes Namen. Und gleichzeitig müssen Sie bekennen: „Ich kenne dich, Gott, längst nicht genug. Ich kenne dich nie ganz.“ Es bleibt in der Kenntnis Gottes immer ein Rest, etwas Unerklärliches. Auch wenn Sie schon viel von Gott erfahren und kennengelernt haben, Sie werden Ihr Leben lang bleiben wie der junge Samuel. Denn Gott bleibt immer größer als meine Kenntnis. Er bleibt für mich immer ein Geheimnis. Unser Leben als Christen und auch unser Leben als Diakone und Priester wird in dieser Spannung zwischen kennen und nicht kennen, noch nicht kennen, nicht genügend kennen, bestehen bleiben. Wehe, diese Spannung löst sich einseitig auf. Dann geht gehörig etwas schief. Bewahren Sie sich diese Spannung, diese spannungsvolle Einheit, die gewiss in manchen Situationen gar nicht so leicht auszuhalten ist.

Liebe Brüder und Schwestern, Kennen ist nicht bloß ein rationaler Vorgang, sondern Gott zu kennen, will unser ganzes Menschsein einschließen. Die Kenntnis Gottes wie auch die Kenntnis eines anderen Menschen geht über unseren Verstand und unser Herz. Deswegen trifft der heilige Augustinus den Nagel auf den Kopf: „Was man nicht kennt, kann man nicht lieben“ . Kennen ist mit Lieben austauschbar. Wer jemanden wirklich kennen möchte, der wird nicht umhin kommen, ihn zu lieben. Und nur wer jemanden wirklich liebt, der wird ihn auch wirklich kennen.

Deswegen bewirkt Theologiekenntnis gar nichts, wenn sie bloß intellektuell und rational aufgefasst wird. Sie kann Flügel bekommen und wird mich beflügeln. Aber erst dann, wenn ich sie in mein ganzes Leben integriere und wenn sie mich zur Liebe führt, zur Liebe Gottes und zur Liebe von Menschen. Deswegen ist es sicher ein wertvoller Tipp, dass all das, was wir theologisch aufgreifen, zum Gebet werden sollte und damit in das Liebesgespräch zwischen Gott und uns einfließt.

Liebe Weihekandidaten, den Herrn kennen, das gewinnt in Ihrer heutigen Diakonen- bzw. Priesterweihe eine ganz besondere Dimension. Im Geschenk der Weihe schenkt Christus sich Ihnen selber. Er prägt sich Ihnen in Ihr Leben ein. Sie müssen also fortan nicht krampfhaft Gott und sich selber zusammenbringen. Sie müssen erst recht nicht etwas herbeiholen, sondern Sie brauchen lediglich zu entfalten, was Sie heute empfangen. Nicht Sie prägen sich heute etwas ein (im Studium mussten Sie sich genug einprägen). Nein, Christus prägt sich Ihnen ein und sagt Ihnen zu, dass er diese Prägung niemals zurücknehmen wird. Von daher bitte ich Sie, im Namen der ganzen Kirche und aller Gläubigen: Bringen Sie dieses Geschenkt Tag für Tag zum Ausdruck.

Liebe Weihekandidaten, seien Sie wirkliche Kenner – Kenner Gottes, die sich allerdings stets bewusst bleiben, dass sie Gott nicht in der Tasche haben; seien und bleiben Sie Liebende und seien und werden Sie immer neu Bekenner! Hören Sie nie auf, Gott kennen zu lernen, dann werden auch andere durch Sie Gott kennenlernen können. All das kommt in dem Wort von Aparecida wie in einem Brennpunkt zusammen: „Jesus kennenzulernen, ist das beste Geschenk, das einem Menschen zuteilwerden kann. Ihm begegnet zu sein, ist das Beste, was uns in unserem Leben passieren konnte. Ihn durch Wort und Tat bekannt zu machen, ist uns eine große Freude“.

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