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Predigt

Ökumenischer Pfingstmontag in Schwerin

05. Juni 2017
Schwerin

Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Schwestern und Brüder,

vor einigen Monaten stand hier auf dem Marktplatz in Schwerin noch der Weihnachtsmarkt. Seit einiger Zeit gehört zu diesem Weihnachtmarkt auch eine Krippe. Im vergangenen Jahr geschah es, dass Besucher sich diese Krippe anschauten und dann meinten: Jetzt bemächtigen sich auch noch die Christen des Weihnachtsfestes!

Liebe Schwestern und Brüder,

in einer Gesellschaft, wo so viel Unkenntnis über das Weihnachtsfest besteht, das ja mit Händen zu greifen ist mit dem Kind in der Krippe, muss es uns nicht wundern, dass die Botschaft des Pfingstfestes für viele kaum zu fassen ist. Pfingsten ist weniger konkret und damit auch schwieriger zu verstehen. Es ist ein langes Reisewochenende, aber nur das?

Pfingsten und der Heilige Geist, um den es geht, können wir nicht so einfach greifen. Was wir aber einfach sehen und beschreiben können ist, was mit Menschen passiert, die vom Heiligen Geist ergriffen werden. Die Lesung aus der Apostelgeschichte gerade macht das sehr sprechend deutlich: Die vom Heiligen Geist erfüllten Apostel gehen aus sich heraus, werden lebendig und verstehen einander.

Unser Glaubensbekenntnis sagt vom Heiligen Geist, dass er „Herr ist und lebendig macht“. Das Wirken des Geistes ist dynamisch, schöpferisch, befreiend, lebensbejahend. Pfingsten feiern heißt darum nicht, sich einfach an diese Geistsendung zu erinnern. Im Gegenteil: Pfingsten ist heute. Heute schenkt uns Gott seinen Geist, heute belebt er uns. Der Geist erfüllt und belebt uns sogar so sehr, dass er uns zum ‚Überlaufen‘ bringt. Dieser besondere Gottesdienst ist dafür ein sprechendes Bild: wir verlassen die Kirche und verkünden Gottes Wort auf dem Marktplatz.

Die Lebendigkeit des Heiligen Geistes müssen wir Christen auch in unserem Alltag ausstrahlen. Papst Franziskus bringt es in seiner bildhaften Sprache auf den Punkt: Die Christen dürfen „nicht ständig ein Gesicht wie bei einer Beerdigung haben.“ (EG 10). An anderer Stelle sagt der Papst, Wir Christen sollten nicht aussehen, als hätten wir gerade in eine saure Zitrone gebissen. Wir Christen sind keine Pessimisten oder Unglückspropheten. Sondern wir dürfen lebendig sein, aus uns heraus gehen und uns engagieren.
Das ist nicht immer leicht. Wer aus sich heraus geht, trifft wie die Jünger auf eine plurale Welt mit vielen Sprachen, Kulturen, Ethnien etc. Aber Gottes Geist hilft uns Menschen, einander zu verstehen: „denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.“ (Apg 2,6), berichtet die Apostelgeschichte. Gottes Geist hebt die Unterschiedlichkeiten der Menschen nicht auf. Aber er ermöglicht ein Zugehen aufeinander und echte Verständigung. Er entfernt nicht alle Barrieren, aber er hilft uns, sie zu überwinden.
Heute, wo viele Menschen zu uns geflohen sind, wird uns die Unterschiedlichkeit der menschlichen Sprachen und Kulturen noch einmal bewusster. Manchmal kommt es zu einem Sprachengewirr, zu gegenseitigem Nicht-Verstehen oder auch gar nicht erst zu Kommunikation miteinander, sondern übereinander. Viele Menschen sind verunsichert und empfinden die zunehmende kulturelle Vielfalt eher als eine Bedrohung denn als Herausforderung oder Chance. Gerade jetzt müssen wir Christen geisterfüllte Menschen sein, die raus gehen und zur Verständigung beitragen.

Liebe Schwestern und Brüder,
ich bin überzeugt, auch die Fahrt, die die Ökumene in den letzten 100 Jahren aufgenommen hat, ist ein Geschenk des Heiligen Geistes. Wir sind uns als Kirchen theologisch und vor allem als Christen menschlich näher gekommen. Wir sind aus uns heraus gegangen, um uns gegenseitig zu verstehen. Unsere Verständigung in der Ökumene kann vielleicht auch ein Modell für unsere Gesellschaft sein. Denn trotz aller (noch) bleibenden Differenzen verstehen wir uns als zusammengehörig.
Ich bin zutiefst dankbar, dass wir die 500 Jahre Reformation nicht als ein Fest der Abgrenzung und Spaltung feiern, sondern dass wir gemeinsam Christus feiern: „In ihm sind wir schon eins.“ (Ökumenisches Bischofswort) Deswegen ist das Reformationsjubiläum als Christusfest kein Endpunkt, sondern ein Schritt in Richtung Zukunft. Wir feiern, was uns vor aller Verschiedenheit zusammen führt und führen wird: Jesus Christus selber, der uns seinen Heiligen Geist schenkt. Ich bin überzeugt: das gemeinsame Feiern und Beten und nicht zuletzt das gemeinsame Engagement, wie etwa in der Telefonseelsorge und in vielen anderen Bereichen, werden uns weiter zusammen führen.

Liebe Schwestern und Brüder,
Pfingsten ist schwer zu fassen. Aber Pfingsten erfasst uns: uns als Christen, als Gemeinden und Konfessionen. Der Heilige Geist erfüllt uns auch heute, macht uns lebendig, führt uns heraus und zusammen. Wir dürfen uns auf diese Dynamik einlassen und wie die Apostel an Pfingsten aus unseren Obergemächern heraus auf die Straßen gehen. An unserem Leben, an unserer Gemeinschaft kann die Gegenwart und Wirkmächtigkeit des Heiligen Geistes sichtbar werden. Amen.

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