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Predigt

Ansprache von Erzbischof Dr. Stefan Heße beim Medienempfang

05. Oktober 2016
Hamburg

Sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie ganz herzlich zum ersten Medienempfang des Erzbistums Hamburg. Hier, fast über den Dächern von Hamburg, in unserer katholischen Akademie.

Gerne möchte ich mit Ihnen heute Abend ins Gespräch kommen. Meine Erfahrung ist, dass es mit Medienvertretern keinen Mangel an Gesprächsstoff gibt. Deshalb freue ich mich also sehr auf den Austausch.

Vorab möchte ich aber ein paar Themen ansprechen, die mich persönlich bewegen:

1. ) Erzbistum Hamburg

Im Erzbistum stehen wir vor großen Herausforderungen. Mit den 28 Pastoralen Räumen haben wir eine gute und sinnvolle Struktur geschaffen. Die Herausforderung besteht nun darin, dass geistliche und spirituelle Leben in unseren Gemeinden zu erhalten, den Glauben zu stärken und an manchen Orten wieder aufblühen zu lassen.
Sie wissen, dass die Kirchensteuerentwicklung im Moment positiv ist. Das darf aber nicht dazu führen, ohne Konzept Investitionen zu tätigen. Die Frage der Zukunftsfähigkeit des Erzbistums auf wirtschaftlich stabilem Fundament ist daher bei uns eine weitere Herausforderung, die wir angehen. In der Diaspora befinden wir uns dabei in einer besonderen Laborsituation: Entwicklungen sind hier deutlich eher ablesbar als in anderen katholischeren Gegenden.

Hier im Norden, in der Diaspora, katholische Christin/katholischer Christ zu sein, geht fast nur in großer Entschiedenheit. Gerade in ländlichen Gebieten halten die Gemeindemitglieder über große Entfernungen hinweg Kontakt, treffen sich zu Gottesdienst und Gespräch, sie wallfahrten und vergessen auch das Feiern nicht.

Ökumenische Akzente setzten wir hier im Norden während des Reformationsgedenkens mit drei ökumenischen Feiern, die wir gemeinsam mit der Nordkirche begehen wollen: Mit dem ökumenischen Kreuzweg am Karfreitag in Lübeck, der ökumenischen Ostervesper im Mariendom und dem ökumenischen Pfingstfest in Schwerin. So wird auch in unserer Region das Verbindende stärker betont und miteinander gefeiert.

2.) Flüchtlingsbeauftragung

Vor einem Jahr wurde ich Sonderbeauftragten für Flüchtlingsfragen. Nun hat mich die Vollversammlung der Bischöfe am 20. September als Leiter der Migrationskommission gewählt.

Damit ist ein Megathema aufgerufen: Denn ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Integration von Menschen, die zu uns als Flüchtlinge gekommen sind, das gesellschaftliche Miteinander in Deutschland, aber auch innerhalb Europas und sogar weltweit in den nächsten Jahren bestimmen wird.
Wir als Christen bringen unsere Erfahrungen mit ein. Bei uns leben Menschen schon lange in Gemeinden zusammen und schaffen ein neues Zuhause.

Wir stehen in vielen Bereichen am Anfang, dürfen aber auch mit ein bisschen Stolz und Zuversicht auf das schauen, was wir in der kurzen Zeit unter enormem Druck geschafft haben. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich gelungene Beispiele von Integration sehe, etwa an unseren Schulen, wenn dort junge Menschen ohne Probleme aufgenommen werden und den Alltag bereichern.

Ich freue mich darüber, dass die Hilfe, die die Ehrenamtlichen vor Ort leisten, nicht abnimmt. Auf der Homepage unserer Flüchtlingshilfe können Sie sich interaktiv über mehr als 100 Projekte informieren, in der ganzen Bandbreite vom Sprachkurs bis zum Flüchtlingscafé.

Letztlich hat es sich gezeigt, dass Deutschland organisatorisch nach anfänglichen Problemen doch die Kraft hat, solche Herausforderungen zu stemmen. Problematisch bleibt es, dass diese zutiefst christlich zu begründende Nächstenliebe nach einer ersten Euphorie nun von Teilen der Bevölkerung nicht gesehen oder aber in einer Art Neiddebatte unterzugehen droht, die Menschen in Not gegeneinander ausgespielt werden.

Unserem Sprechen, unserer Wortwahl – wie wir Sachverhalte beschreiben oder über Menschen sprechen, kommt eine große Bedeutung zu. Dort nämlich, wo durch Sprache Stimmungen erzeugt werden. Ich wünsche mir in diesen Fällen eine Abrüstung, eine Mäßigung und eine Rückkehr zur vernunftgesteuerten Ausdrucksform: „Kühler Kopf und helfende Hand sind nötiger als je“.

Wenn in ein paar Jahren auf diese prekäre Lage in Europa und Deutschland geschaut wird, dann wird vielleicht auch mit Stolz resümiert werden können, dass auch das Engagement angesichts der konkreten Not gezeigt hat, wie eine Gesellschaft doch zusammenhält und die einzelnen immer mehr erkennen, wie das Globale sich dann bis ins Lokale auswirken kann.

3.) Soziale Medien

Seit Jahren sind wir Zeugen einer immer größeren Individualisierung bei der Mediennutzung. Die Grenzen bei der Mediennutzung sind für Leser, Hörer, Zuschauer und Nutzer aufgehoben. Die Mediatheken, der individuell gestaltete Radiospartenkanal, die Zeitung im Netz, das gemeinsame Portal von Zeitung, Online und Fernsehen. All das entwickelt sich in rasender Geschwindigkeit.

Was wir in dieser großen Medienwolke als katholische Kirche versuchen, kennen Sie: katholisch.de, Domradio, unsere Radioverkündigung beim NDR und bei den großen Privatsendern, Gottesdienste und das Wort zum Sonntag in der ARD. Die Stimme der Kirche als einzelne gibt es so nicht mehr. Der Mix aus verschiedenen Angeboten auf allen Abspielwegen und Kanälen versucht die Menschen dort zu erreichen, wo sie sich noch ansprechen lassen.

In einem ungewöhnlichen Projekt der Deutschen Bischofskonferenz: „Valerie und der Priester“ begegnen sich zwei Menschen aus verschiedenen Lebensrealitäten. Die kirchlich nicht gebundene Journalistin Valerie begleitet ein Jahr lang den Priester Franziskus. Sie dokumentiert seinen Alltag und versucht zu verstehen, warum er heutzutage Priester sein kann. Das Projekt will eine Brücke bauen zwischen denen, die wenig mit der katholischen Kirche anfangen können und jenen, die alles für Gott geben, weil ihnen der Glaube so viel gibt.

Die hohen Klickzahlen im Netz und die vielen Berichte in verschiedenen Medien zeigen, dass hier ein großes Interesse an den Themen Glauben und Kirche allgemein, Priester sein in dieser Zeit im Besonderen besteht. Schauen Sie doch mal rein, wie dieses Experiment sich das Jahr über entwickelt.

Erstaunt bin ich über die massiven ehrverletzenden Äußerungen, die Menschen vor allem in den sozialen Kommunikationsmitteln gegenüber ihnen oft nicht persönlich bekannten Menschen absetzen.

Hier liegen Segen und Fluch der sozialen Medien ganz dicht beieinander. Die Kommunikation kann bereichern und Menschen verbinden. Es gibt aber auch die andere Seite: In den Kommentarspalten artikuliert sich ein Hass, der bisher versteckt war und der nun in dieser anonymeren indirekten Kommunikation zum Ausdruck kommt und möglich ist.

Ich bin kein Psychologe, um solche gesellschaftlichen Phänomene genau deuten zu können, aber ich merke, dass sich hier etwas nicht zum Guten entwickelt und eine Unkultur entstanden ist.

Für mich wird dann eine Grenze überschritten, wenn es nicht um Zu- und Hinhören geht, sondern um Kleinmachen, Verfolgen und Zerstören. Ich hege trotz allem die Hoffnung, dass wir Formen finden, mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen, das Schreien und Niedermachen zu überwinden.

Ich bin froh, dass ethische und pädagogische Fragen angesichts der rasanten Entwicklungen bei den Medien und dann bei der Mediennutzung eine immer größere Rolle spielen.

Hier haben kirchliche Institutionen und Einrichtungen Expertise aufgebaut. Sie können in der laufenden Debatte auch eine gute Hilfestellung leisten (u.a. Clearingstelle Medienkompetenz der DBK, Lehrstuhl für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München).

4.) Medien als Korrektiv

Nicht erst seit den Missbrauchsskandalen in der Kirche und der Empörung über ein extravagantes Bischofshaus in der Mitte Deutschlands gehört es zu Ihrer Aufgabe als Journalisten und Publizisten, genau hinzuschauen und darüber zu berichten, was ist. Ich gebe zu, dass das zum Teil sehr schmerzlich ist. Es hat aber eine reinigende Wirkung, wenn dann Korrekturen vorgenommen oder der bisherige Kurs geändert wird.

Ich möchte Ihnen danken, dass Sie uns so kritisch-solidarisch begleiten. Bleiben Sie uns verbunden und suchen Sie mit uns nach Wahrhaftigkeit.

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