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Predigt

Dankmesse zur Heiligsprechung von Mutter Teresa von Kalkutta

05. September 2016
St. Marien-Dom in Hamburg

Liebe Schwestern und Brüder!

Lange Jahre war sie eine durchschnittliche und mittelmäßige Ordensfrau. Dieses Urteil gilt einer Heiligen, die vor etwa vier- oder fünfhundert Jahren gelebt hat, nämlich der großen heiligen Teresa von Avila. Man könnte es aber auch von der Heiligen des heutigen Tages sagen, jener anderen Teresa, der Mutter aus Kalkutta. Viele Jahre war sie eine sehr durchschnittliche, wenig auffällige Ordensfrau. Wahrscheinlich würde sie es auch über sich selbst sagen. Denn Heilige stellen sich nie in den Vordergrund, sondern leiden oft darunter, leiden oft unter ihrer Schwäche und Sünde besonders stark. Erst im Rahmen ihres Seligsprechungsprozesses vor einigen Jahren ist herausgekommen, dass Mutter Teresa in den letzten Jahren ihres Lebens geradezu von einer Gottesfinsternis umfangen war.

Aber das Leben dieser zunächst sehr mittelmäßigen Ordensfrau sollte eine ganz andere Wendung nehmen.

Wir schreiben das Jahr 1946. Mutter Teresa war längst Loretoschwester und als solche Leiterin eines Internates bzw. einer Schule. Also in einer sehr hohen Position in ihrem Orden! Sie litt damals an Tuberkulose und sollte sich einer Erholung unterziehen. Unterwegs auf der Fahrt im Zug ist es dann passiert: Die Schwester erfährt eine zweite Berufung, sozusagen eine Berufung in der Berufung. Ihre Berufung kommt auf eine neue Stufe, erfährt eine Zuspitzung, eine Vertiefung. Gott handelt dabei so, wie er es wahrscheinlich auch bei Saulus gemacht hat. Dieser wird aus dem Sattel geworfen und zunächst einmal kaltgestellt. An diesem Nullpunkt kann Gott ansetzen und Neues bewirken. Ein wenig so ist es wohl bei Mutter Teresa gewesen, die in der Krankheit an ihre Grenzen kommt, so dass Gott eingreift und ihr einen neuen Weg weist.

Diese neue Berufung äußert sich in einer neuen Sicht, die Mutter Teresa zuteil wird. Bisher hatte sie in einer sehr geschlossenen und wohlbehüteten, ja geradezu paradiesischen Welt im Internat gelebt. Hinter den hohen Mauern des Internates ging es den Schwestern aber auch den Schülerinnen recht gut. Doch jenseits der Mauern sah das Leben ganz anders aus. Sicher wusste das Mutter Teresa, aber es hatte für sie keine Bedeutung. Es gewann keine Relevanz. Jetzt auf dieser Zugfahrt wird ihr klar, dass sie ihr Leben den Ärmsten der Armen in den Slums widmen sollte. Die neue Berufung führt zu einem neuen Sehen und Hören auf die Leiden der Menschen um sie herum.

In London im Jahr 1948 begegnet sie auf der Straße Obdachlosen. Einer davon hat keinen sehnlicheren Wunsch, als einmal in einem sauberen Leinen schlafen und sogar sterben zu können. Später auf den Straßen Indiens sieht Mutter Teresa Menschen, die durch das Kastenwesen hindurchgefallen sind, und die niemand mehr beachtet. Sie sieht wie Menschen in den Straßen dahinsterben und die einzigen, die sich an ihnen zu schaffen machen, sind die Ratten. Mutter Teresa nimmt solche Menschen in ihr Sterbehaus auf, und will ihnen gerade in der letzten Phase ihres Lebens beistehen und einen guten Heimgang ermöglichen. Sie kümmert sich um die Sterbenden und um die Kranken. Und so wie sie das Ende des menschlichen Lebens im Blick hat, hat sie auch den Beginn des Lebens im Blick. Immer wieder macht sie in aller Öffentlichkeit darauf aufmerksam, dass durch die Abtreibung menschliches Leben getötet wird.

Eine neue Berufung – eine neue Sicht auf den Menschen – und all dies führt zu einer: neuen Tat, zum neuen Handeln. Fortan gilt für Mutter Teresa: Geben und lieben, bis es weh tut! Sie verschreibt sich einer großen Demut, die förmlich zu einem Dien-Mut wird und sich unter die Ärmsten beugt.

Neue Berufung, neue Sicht, neue Tat und all dies mündet schließlich ein: In neues Leben, in eine neue Lebensgemeinschaft, die Mutter Teresa mit den Missionarinnen der Nächstenliebe gründet. Ihr Lebensmotto: absolute Armut. Und dies nicht als Selbstzweck oder Selbstkasteiung, sondern weil die absolute Armut als Gegenpol das absolute Vertrauen mit sich bringt.

Ich bin dankbar, dass wir seit 25 Jahren hier in unserer Stadt Hamburg Missionarinnen der Nächstenliebe mitten unter uns haben und ich freue mich, dass Sie, liebe Schwestern, heute und auch schon in den vergangenen Tagen während der Novene mit uns hier im Mariendom gemeinsam feiern. Sie sind hier in Hamburg wirklich Missionarinnen. Unsere Stadt ist sehr säkular; die meisten Menschen hier in Hamburg gehören keiner Religion an. Deswegen bin ich Ihnen für Ihren Dienst hier sehr dankbar. Sie verkünden mit Ihrem Tun die Liebe Gottes. Diese Sprache versteht jeder, der es möchte. Gott sei Dank gibt es nicht nur die Missionarinnen der Nächstenliebe, sondern auch einen männlichen Ordenszweig und hier bei uns in Hamburg auch – so nennen Sie das – Laienmissionarinnen, die mit Ihnen zusammen in unserer Stadt wirken. So setzen Sie das Wirken Mutter Teresas hier bei uns in Hamburg fort. Ihre Ordenskleidung, der weißblaue Sari ist unübersehbar und er erinnert viele Menschen an Mutter Teresa.

Bei der Seligsprechung von Mutter Teresa im Jahr 2003 hat Papst Johannes Paul II. sie eine „Ikone der Barmherzigkeit“ genannt. Wir feiern jetzt das Jahr der Barmherzigkeit und für den jetzigen Heiligen Vater Papst Franziskus ist sicher genau wie bei seinem Vorvorgänger auch im Bewusstsein, dass Mutter Teresa eine solche Ikone der Barmherzigkeit für uns alle sein kann. Aber auch jeder einzelne von uns kann und soll auf seine Art und Weise eine Ikone, ein Bild, ein Ausdruck der göttlichen Barmherzigkeit und Liebe sein. Und so werden wir selber zu Missionarinnen und Missionaren der Nächstenliebe – auch wenn wir keinen weißblauen Sari tragen. Amen.

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