Die Urlaubssaison steht vor der Tür und Millionen Deutsche packen ihre Koffer. Lange Arbeitswochen und das Schuljahr sind vorbei. Mit dem Schiff, der Bahn, dem Flugzeug oder dem Auto geht es nach Bayern und in die Südsee. Für viele Menschen ist die Gastfreundschaft, mit der sie am Urlaubsort empfangen werden, fast genauso wichtig wie das Wetter und die Verpflegung.
Mir kommt bei solchen Gelegenheiten oft eine Szene aus dem Lukasevangelium in den Sinn. Jesus besucht seine Freundinnen Maria und Marta. Marta ist sofort ganz davon eingenommen, für Jesus zu sorgen. Vermutlich kocht sie etwas oder bereitet das Gästezimmer. Maria dagegen sitzt einfach bei Jesus und hört ihm zu. Die Empörung ist vorprogrammiert: Marta geht zu Jesus und beschwert sich bei ihm, dass sie mit der Arbeit alleine dasteht. Doch statt ihr recht zu geben, sagt Jesus zu ihr: „Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.“
Dieser Satz provoziert. Marta kümmert sich hingebungsvoll um den Gast. Anstelle von Dank bekommt sie dann noch zu hören, dass ihre Schwester Maria das besser macht, indem sie sitzt und zuhört. Diese Szene macht deutlich, worum es bei der Gastfreundschaft geht: Sich öffnen für den anderen, ihm zuhören und Raum geben.
Heute sind tausende Menschen als Flüchtlinge in unserem Land zu Gast. Das ist eine Situation, die uns als Gesellschaft und jeden persönlich herausfordert. Es ist gut, dass wir die Flüchtlinge mit Essen, Wohnraum und vielem anderen versorgen. Aber Gastfreundschaft meint eben nicht nur Versorgung. Gastfreundschaft heißt: sich öffnen für den Gast, eine Beziehung aufbauen, das Leben teilen. Echte Gastfreundschaft geht nicht leicht, aber wenn wir sie leben und erfahren, können wir reich beschenkt werden.