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Predigt

Predigt zur Chrisam Messe

21. März 2016
St. Marien-Dom Hamburg

Es gilt das gesprochene Wort


Zu Beginn unserer Chrisam Messe sind wir mit allen Priestern und Diakonen durch die Heilige Pforte in unseren Mariendom eingezogen. Wir haben das ganz bewusst anlässlich des Jahres der Barmherzigkeit getan und begehen sozusagen mit unserer Ölweihemesse heute das Jubiläum der Priester und Diakone in diesem Jubeljahr.

Wenn wir durch die Pforte treten, gelangen wir von draußen nach drinnen. Wir treten durch die Pforte hindurch in die Größe und Weite unseres Domes. Wir treten damit ein in die Größe und Weite Gottes selber. Die Heilige Pforte erinnert uns dabei an das Wort Jesu: „Ich bin die Tür“. Christus selber ist die Tür, ja er ist der Zugang, der uns in die Barmherzigkeit Gottes hineinführt.

Die Jünger damals haben Jesus Tag für Tag als eine solche Tür zum Geheimnis Gottes erleben dürfen. Seine Predigt in Nazareth, die wir im Evangelium gehört haben (vgl. Lk 4,16-21), ist ein erster Schritt durch diese Tür hindurch in das Geheimnis Gottes hinein. Seine vielfältigen Predigten wer-den weitere Schritte sein. Für die Jünger lösen sie die Frage aus: Woher hat er das alles? Er redet ja nicht wie die Schriftgelehrten, sondern mit göttlicher Vollmacht. Wer ist das? Und auch seine Wunder lösen die Frage aus: Was ist das für ein Mensch? Hier werden nicht nur Worte gemacht, sondern die Worte enthalten, was sie aussagen und schaffen eine neue Wirklichkeit, sind Beginn der neuen Schöpfung. Und schließlich erleben die Jünger einen weiteren Schritt in dieses Geheimnis Gottes hinein, wenn sie Jesus beten sehen. Es scheint für sie derart faszinierend gewesen zu sein, dass sie den Eindruck hatten, hier öffnet sich der Himmel. Und schließlich der letzte große Schritt durch diese Tür in das Geheimnis Gottes herein ist Jesu Sterben. Wir werden es am Karfreitag in jener dramatischen Stelle aus der Passion hören, wo es heißt: „Der Vorhang des Tempels riss entzwei“. Jetzt ist die Tür gleichsam geöffnet auf das Weiteste hinein in Gott selbst.

Liebe Mitbrüder, jeder von uns Priestern und Diakonen ist durch diese Tür hindurchgegangen. Wir sind nicht draußen stehen geblieben und haben uns das Ganze nur von außen angeschaut, sonst wäre keiner von uns heute hier. Nein, wir sind durch diese Tür selber hindurchgetreten und in das Geheimnis Gottes hineingelangt. Gott hat sie uns ja in seinem Sohn ein für alle Mal geöffnet. Gott ist eben nicht wie jener vermeintliche Freund, der seinem Nachbarn nachts die Tür verschlossen hält: „Belästige mich nicht; die Tür ist jetzt geschlossen … Ich kann nicht aufstehen und dir geben!“ (Lk 18,7). Jeder von uns hat an diese Tür geklopft, ist durch die hindurchgetreten in das Geheimnis der göttlichen Barmherzigkeit. Den einen macht die zärtliche Seite dieser Barmherzigkeit ganz sensibel angerührt haben, den anderen mag die umwälzende Wirkung dieser Barmherzigkeit gleichsam umgedreht und verwandelt und aus dem Sattel geworfen haben wie einen heiligen Paulus. Vielleicht lag es bei uns irgendwo zwischen diesen beiden Extremen. Ich bitte Sie: Bleiben Sie mit dieser Erfahrung der göttlichen Barmherzigkeit Ihr Leben lang in Berührung. Es ist die Quelle, aus der unsere Berufung fließt und mit dieser Quelle müssen wir in Kontakt bleiben. Das Jahr der Barmherzigkeit ermuntert uns einfach dazu, sozusagen an Jesus dran zu bleiben etwa im Lesen der geöffneten Schrift, im Gebet oder vor dem offenen Tabernakel in der Anbetung.

Liebe Mitbrüder, aus dieser Erfahrung, die wir persönlich mit Gottes Barmherzigkeit gemacht haben, ergibt sich auch ein Auftrag. Als Geistliche sind wir gesandt, anderen Menschen zu mindestens ein wenig behilflich zu sein, den Weg durch diese Tür, die Jesus Christus selber ist, zu finden und zu gehen.
Von Papst Johannes XXIII. sagt man, dass er vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil zeichenhaft ein Fenster weit aufgerissen habe, um deutlich zu machen, was das Konzil bewirken soll. Mittlerweile ist man sich nicht ganz einig, ob diese Begebenheit wirklich stattgefunden hat. Aber eine Begebenheit hat stattgefunden: Papst Franziskus hat Ende letzten Jahres zur Eröffnung des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit die Heilige Pforte weit aufgerissen. Ich habe dieser Tage von einer Bekannten, die zurzeit eine Pilgerreise nach Rom macht, eine Postkarte mit diesem Bild erhalten. Papst Franziskus stemmt die Heilige Pforte am Petersdom auf und geht durch sie hindurch.

Liebe Mitbrüder, von Ihnen müssen keine Postkarten gedruckt werden. Aber diesen Gestus des Papstes wünsche ich mir von einem jeden von Ihnen in Ihrem alltäglichen Dienst. Halten Sie die Tür, die Jesus Christus selber ist, weit geöffnet. Keinem von uns darf das Urteil Jesu über die Gesetzeslehrer treffen: „Weh euch! Ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen; ihr selbst seid nicht hineingegangen und die, welche hinein wollten, habt ihr abgehalten!“ (Lk 11,52). Wir sollen also nicht verschließen, sondern wir sollen öffnen und anderen helfen durch die Tür Christi hindurchzutreten. Das ist die Sendung Jesu Christi und an dieser Sendung haben wir als Geweihte Anteil. Deswegen gilt von uns mit Fug und Recht das Wort aus der heutigen Lesung und dem Evangelium: Der Geist Gottes ruht auf dir. Er hat dich gesandt, anderen den Weg in Gottes Barmherzigkeit zu weisen.
Amen

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