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Predigt

Predigt zum Gedenktag der Lübecker Märtyrer

25. Juni 2015
Hamburg

Am 9. März 1942 werden Pastor Karl Friedrich Stellbrink die Augen geöffnet. Bei der Beerdigung einer Lübecker Nazigröße wird in der Friedhofskapelle das Kruzifix bewusst mit einem Mantel verhüllt. Für Stellbrink ist das ein überdeutliches Zeichen für die Gottesferne und Verlogenheit des Regimes.

Das Wirken von Pastor Stellbrink und derdrei Kapläne Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller können wir so lesen: Sie ent-hüllen. Die Vier durchbrechen die Verschleierung, das perfide Versteckspiel des Regimes, Sie durchbrechen die Lüge, die ja auch eine spitzfindige Weise der Verhüllung ist, indem sie nichts anderes tun als zu ent-hüllen. Sie nennen das, was sie für wahr und richtig halten, schlicht und einfach beim Namen. Sie reden Klartext.

Damit setzen die Lübecker Märtyrer das um, was Jesus Christus von seinen Jüngern eingefordert hat: Am hellen Tag und auf den Dächern sich zur Wahrheit bekennen. „Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird. Und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird“ (Mt 10,26).

Der Märtyrer, der Zeuge ist jemand, der „nichts anderes“ tut, als die Hülle, die über der Wahrheit liegt, wegzunehmen. Damit bringt er die Wahrheit zum Vorschein. Das griechische Wort für Wahrheit lautet Aletheia. Es meint übersetzt: die Unverborgenheit, die Unverhülltheit.
Ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich gerne das sogenannte „Mäntelchen des Schwei-gens“ über die Wahrheit versuche zu legen. Dann frage ich mich: Kann es nicht sein, dass wir Menschen ganz gerne die Dinge nicht in ihrer Radikalität und Nüchternheit anschauen, sondern sie uns schönfärben und damit auch verkleiden? Wieviel Verhüllung gibt es nicht in meinem per-sönlichen Leben und in unserem Zusammenleben als Gesellschaft?
Wir brauchen Enthüllungen, gerade im geistlichen Leben. Johannes der Täufer, dessen Geburts-tag wir gestern feierten, war ein Enthüllungsmeister. Seine Worte hämmerten den Menschen ein: Kehrt um! Seine Offenheit war für das Establishment mehr als unangenehm. Das Regime konnte die Wahrheit nicht ertragen. Es brachte ihn um.

Und der heilige Paulus fasst sein apostolisches Tun in dem einen Satz zusammen: „Ich soll enthül-len wie jenes Geheimnis Wirklichkeit geworden ist, das von Ewigkeit her in Gott dem Schöpfer des Alls verborgen war“ (Eph 3,9).

Ein aktuelles Beispiel für diesen Dienst an der Wahrheit hat uns vor wenigen Tagen Papst Franzis-kus geliefert mit seiner Enzyklika Laudato Si. In großer Nüchternheit enthüllt er die derzeitige Si-tuation der Schöpfung. Eine Fülle von Themen spricht er an: Klimawandel, Abfall, Wegwerfkultur, Wasserfrage, Verlust biologischer Vielfalt, Verschlechterung der Lebensqualität, sozialer Nieder-gang und soziale Ungerechtigkeit.

Papst Franziskus ist klar, dass bei dieser Fülle von Problemen keine einfachen Lösungen zum Ziel führen. Man wird das Ganze nicht technokratisch, erst recht nicht bürokratisch, aber auch nicht einfach ökologisch lösen können. Deswegen fordert er eine „ganzheitliche Ökologie“. Diese um-fasst eine Umweltökologie, eine Wirtschaftsökologie, eine Sozialökologie, eine Kulturökologie, ja eine Ökologie des Alltags.

Und bei all dem sieht Papst Franziskus die Verantwortung bei uns. Der Mensch muss radikal um-kehren. Wir müssen unser Leben ändern.

Papst Franziskus: ein Zeuge der Wahrheit, ein Mensch, der sich diesem oft mühsamen Prozess der Enthüllung unterzieht. Schicht für Schicht legt er frei, um an die Wahrheit der Dinge, die Wahrheit des Menschen und der Schöpfung heranzukommen.

Die Lübecker Märtyrer haben sich vor siebzig Jahren diesem Dienst in dunkler Zeit gestellt. Jeder von uns kann mit ihnen ein solcher Zeuge sein und sich diesen Auftrag der Enthüllung, der Wahr-heitsfindung zu eigen machen.

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