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Predigt

Predigt im Requiem für Weihbischof em. Hans-Jochen Jaschke

15. Juli 2023
St. Marien-Dom / Hamburg

Es ist offenbar eine besondere Kombination, die den Menschen und Bischof Hans-Jochen Jaschke auszeichnete: die Kombination aus Wort und Stimme.

Erzbischof Dr. Stefan Heße

Es gilt das gesprochene Wort!

(Les.: 2 Petr 1,16-19; Ev.: Joh 6, 60-69)

Liebe Schwestern und Brüder,

wir verabschieden uns heute von einem „Mann des Wortes“. Wir werden seine Stimme nicht mehr live hören. Sie ist in der Nacht zum vergangenen Dienstag für immer verstummt.

Das Wort – in Schrift und Sprache – prägte das Leben von Hans-Jochen Jaschke. Es war für mich ein nachhaltiger Eindruck, den Verstorbenen in seinem Sterbebett zu sehen – umgeben von der Fülle seiner Bücher. Jeder, der ihn persönlich kannte und in seiner Wohnung besuchen konnte, weiß um die vielen Meter an Literatur. Das war seine Nahrung. Immer wieder ist er gerne in Buchhandlungen gegangen, um sich mit Nachschub einzudecken.

Dieser Mann des Wortes war nicht nur äußerst belesen. Er verfügte auch über die Fähigkeit, das Gelesene ins Gespräch zu bringen. Seine markante Stimme hat er immer wieder erhoben: auf der Kanzel, bei unzähligen Firmungen und Festgottesdiensten, in der Ökumene und im interreligiösen Dialog, in kleinen oder größeren Runden, wie etwa den Freitagstreffen bei Helmut Schmidt in Langenhorn und nicht zuletzt in unzähligen Talkshows. In den Medien war er äußerst begehrt. Manche Nachrufe nennen ihn einen Bischof, der es verstand, Klartext zu reden. Eine seiner engsten und langjährigen Mitarbeiterinnen bezeichnet den Weihbischof daher als „Goldschmied des Wortes“. Das erinnert an den Kirchenvater Johannes aus dem vierten Jahrhundert, dem man den Beinamen Chrysostomus gegeben hat: der Goldmund.

Es ist offenbar eine besondere Kombination, die den Menschen und Bischof Hans-Jochen Jaschke auszeichnete: die Kombination aus Wort und Stimme. Als treuer Beter des Stundengebetes, des Breviers, das er noch am letzten Abend seines Lebens in den Händen hielt – übrigens immer in lateinischer Sprache – , war ihm gewiss ein Text des heiligen Augustinus vertraut, der den Unterschied zwischen Wort und Stimme thematisert. Das Wort schlechthin ist Gottes Wort, ist Jesus Christus in Person. Diesem Wort können wir lediglich unsere Stimme leihen.

Unter den vielen Worten, die er hörte und las, hat sich Hans-Jochen Jaschke, besonders dem Wort Gottes zugewandt. In seinen Regalen finden sich zahlreiche Kommentare und auf dem Schreibtisch bis zum Schluss die Ur-Texte der Heiligen Schrift aus dem Hebräischen und Griechischen. Daraus hat er geschöpft und davon hat er in der Verkündigung, ob auf der Kanzel oder im Fernsehen, gesprochen. Diesem Wort hat er seine unverwechselbare Stimme gegeben, und zwar nicht nur den Klang, den wir alle noch im Ohr haben, sondern auch die Gedanken, die er ins Heute übersetzt und aktualisiert hat.

Für den Theologen, Priester und Bischof Hans-Jochen war es feste Überzeugung, dass das Wort Gottes Fleisch geworden ist, d.h. unsere menschliche Gestalt angenommen hat und wir davon leben. Deswegen hat er nicht nur die großen Festgottesdienste und Pontifikalämter gefeiert, sondern auch in aller Stille zu Hause die Eucharistie gehalten. In den letzten Wochen und Monaten ist er abends einfach Mitfeiernder hier im Dom gewesen, um das Wort zu hören und es in den Gestalt der Kommunion zu empfangen und als Speise aufzunehmen.

Liebe Schwestern und Brüder,
nach einem erfüllten Bischofsleben trat er 2016 in den Ruhestand. Viele wissen, dass dies für ihn sehr schwer war. Einmal sprach er davon, in diesem Augenblick in ein Loch gefallen zu sein. Er konnte kaum verstehen, dass er als Ruheständler plötzlich nicht mehr eingeladen wurde in diese oder jene Sendung. Zu alledem folgte dann die Corona Pandemie. Ein Originalton Jaschke dazu : „Es ist so schrecklich langweilig!“ Schließlich musste er in kurzen Jahren hintereinander schwerste Erkrankungen verarbeiten. Es glich einem Wunder, dass er zuletzt nach seinem Oberschenkelhalsbruch von neuem auf die Beine gekommen und mit seiner Freundin Susi – das war der Rollator – mobil geworden ist. In seinem gewohnt schnellen Schritt durchquerte er wieder den Domplatz und das Viertel. Doch wir wissen auch, dass eine geheimnisvolle Krankheit in ihm schlummerte und den „Mann des Wortes“ zum Schluss wortkarg werden ließ. In vielen Runden war er noch dabei und bemerkte manchmal verzweifelt: „Ich weiß gar nicht, worüber ihr redet.“
Als der „Mann des Wortes“ immer stiller wurde, verstummte das Wort Gottes nicht. Es bleibt als Zusage über seinem Leben und Sterben. Es bleibt die Zielrichtung seines Lebens: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ (Joh 6, 68)

Hans-Jochen Jaschke, der immer wieder von sich sagte, er sei ein Flüchtling; für ihn beten und bitten wir heute, dass er ankommen darf, dass er bleiben darf, dass er ein Zuhause hat, das seine Sehnsucht stillt: Gott selbst und Jesus Christus, das Wort, das uns ins Leben ruft und erlöst. Oder um es mit Irenäus von Lyon zu sagen, seinem Lieblingstheologen, über den er seinerzeit promovierte: „Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch. Das Leben der Menschen ist der Ausblick auf Gott, das Sehen Gottes“.

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