Liebe Schwestern und Brüder,
nachdem wir im Juni unsere Karmelitinnen verabschieden mussten und über den Sommer lediglich die heilige Messe gefeiert wurde, freue ich mich, am heutigen Tag die Benediktsgemeinschaft in Finkenwerder in St. Petrus begrüßen zu dürfen und ihr die Sorge um diesen Ort in unserem Erzbistum anzuvertrauen.
Vor kurzem hatte ich Besuch von einer Ordensschwester aus Tansania. Sie trägt dort Verantwortung für ein Krankenhaus und sucht nach Kooperationen. Im Gespräch hat sie mir deutlich gemacht, dass in Tansania und in vielen anderen Ländern Afrikas die Gemeinden aus kleinen christlichen Gemeinschaften bestehen, small christian communities. In diesen Gemeinschaften teilen Christen ihren Glauben genau dort, wo sie leben, im Ort, im Dorf, in der Nachbarschaft, im Stadtviertel. Sie feiern gemeinsam Gottesdienst und teilen untereinander das Wort Gottes. Und sie kümmern sich umeinander, sodass keiner aus dem Blick fällt. So gestalten sie das Gemeindeleben aktiv und damit bauen sie die Kirche auf.
Auch in unseren Breiten wird es darauf ankommen, ob es solche lebendigen kleinen Gemeinschaften in der großen Fläche der Diaspora gibt, ob unsere Pfarreien aus lebendigen Gemeinden und Orten kirchlichen Lebens gebildet sind.
Mit der Benediktsgemeinschaft hält eine solche kleine christliche Gemeinschaft hier in Finkenwerder Einzug. Sie wollen hier nicht als Einsiedler leben, sondern als Gemeinschaft. Sie wollen hier ihren Glauben miteinander teilen, vor allen Dingen in der benediktinischen Tradition des Gottesdienstes, im Stundengebet und der Eucharistiefeier. Und ganz im Sinne des heiligen Benedikt wollen Sie nicht unter sich bleiben, sondern gastfreundlich sein und andere einladen.
Liebe Schwestern und Brüder,
am Vorabend von Allerheiligen möchte ich Ihnen drei Heilige als Orientierung und als Fürsprecher an die Seite stellen.
Ich denke zuerst an den heiligen Benedikt, den Patron Ihrer Gemeinschaft. Er lehrt Sie, auf Gottes Botschaft zu hören. Das erste Wort seiner Regel heißt: Höre! Leben Sie hier so, dass Sie gut auf Gottes Wort hören können.
Der zweite Heilige, den ich Ihnen an die Seite stellen möchte, ist der Patron dieser Kirche, der Heilige Petrus. Dieser Fischer passt gut zu Finkenwerder. Aber Petrus musste aus dem Fischerberuf heraus gehen und sollte Menschenfischer werden; er musste das Fischerboot verlassen, um Jesus nachzufolgen. Wir kennen alle die Szene, in der Christus ihn aus dem Boot herausruft und über das Wasser zu sich ruft. Hier geht es nicht um ein Naturschauspiel, sondern um das auf Christus zu gehen, auf Christus hin leben, das ganze Leben auf ihn ausrichten. Solange Petrus das tut, geht er nicht unter. Solange Sie sich auf Christus ausrichten, werden sie nicht „baden“ gehen.
Und schließlich die dritte Heilige, die ich Ihnen am letzten Tag des Rosenkranzmonates Oktober an die Seite stellen möchte: Maria, die Mutter der Kirche, wie sie das Zweite vatikanische Konzil, das vor 60 Jahren begann, bezeichnet hat. Sie hat ihre Bereitschaft bekundet und sich Gott zur Verfügung gestellt; sie hat ihr Fiat in der Stunde von Nazareth gesprochen und dann ein Leben lang gehalten. Und auch im Pfingstsaal beim Beten um den Heiligen Geist ist sie ganz die Bereite und Empfangende und trägt dieses Fiat weiter durch. In ihrer Bereitschaft ist unsere Bereitschaft aufgefangen und geborgen. In ihrem Fiat ist unser Fiat angesiedelt. So ist sie wirklich Mutter der ganzen Kirche. Ich wünsche Ihnen, dass Sie ebenso mutig und freudig wie Maria Ihr persönliches, gemeinschaftliches und kirchliches Fiat an diesem Ort leben können.
Das, was heute hier beginnt, ist für Sie als Gemeinschaft, aber auch für uns Erzbistum ein Wagnis, ein Experiment. Gut, dass wir uns alle darauf einlassen, um so Gott einen neuen Spielraum zu eröffnen. Nach einer gewissen Zeit werden wir es auswerten und prüfen und das Gute behalten.
Amen.