Es gilt das gesprochene Wort!
Liebe Schwestern und Brüder,
vor 30 Jahren wurde Deutschland wieder vereint; nichts war mehr wie zuvor. In dieser Zeit wurde unser Erzbistum errichtet. 2020 wird die Erzdiözese Hamburg ihren 25. Geburtstag fei-ern können. Vor etwas mehr als 4 Jahren wurde ich nach Ludwig Averkamp und Werner This-sen der dritte Erzbischof von Hamburg. In dieser Zeit gab es in unserem Land große Umbrü-che. Deutschland wurde zum Beispiel zum Zielland von Migrationsbewegungen.
In den wenigen Jahren, in denen ich jetzt Ihr Bischof sein darf, hat sich auch für die Kirche in Deutschland vieles verändert: Finanz- und Missbrauchsskandale haben das Vertrauen vieler Menschen erschüttert. Der Umgang mit Macht und Fragen der Sexualität wie auch die Themen Zölibat und Frauenpriestertum werden von vielen nicht erst seit der MHG-Studie mit Nachdruck gestellt. Im Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland ab 1.Advent hoffen viele auf weiterführende Antworten. Andere erwarten gar nichts mehr. Viele sind enttäuscht und haben unserer kirchlichen Gemeinschaft den Rücken gekehrt. Sie trauen uns ein-fach nicht mehr zu, authentisch Zeugnis von unserem Glauben an Gott abzulegen.
Es ist nicht leicht in dieser Zeit, Christ zu sein und als Kirche zu leben; es ist aber wahrscheinlich auch nicht schwerer als zu anderen Zeiten; erst recht ist es nicht unmöglich. Frei heraus möchte ich bekennen: Ohne diese Kirche, ohne die Glieder dieser Kirche – und damit meine ich die Heiligen und die Sünder gleichermaßen – hätte ich und hätten wahrscheinlich viele von uns nie den Glauben kennengelernt. Dafür bin ich dankbar. Ihn zu bezeugen mit unserem ganzen Dasein, mit unserer ganzen Präsenz im Hier und Heute, mit allen Fasern unseres Lebens, das ist unser aller Auftrag.
Jede Zeit muss den Glauben von neuem in ihre Gegenwart übersetzen. Keiner kann den Glauben einfach wie ein Ding von seinen Vormüttern und Vorvätern übernehmen, sondern er und sie muss ihn sich zu eigen machen, muss versuchen, ihn im eigenen Leben zum Klingen zu bringen. Jeder einzelne ist selber das ureigenste Instrument der Evangelisierung. Es kommt zuerst auf uns, nicht auf etwas an.
Dabei ist es nicht nur der Glaube, den wir in das Leben übersetzen, sondern es ist auch das Leben, mit dem wir uns dem Glauben annähern. Glauben und Leben gehören wechselseitig zusammen, und Veränderung gibt es nicht nur im Leben, in der Welt, beim Menschen, son-dern auch in der Kirche, im Glauben.
Vor gut drei Jahren haben wir hier im Mariendom unseren Erneuerungsprozess gestartet. Damals und auch darüber hinaus bis heute beten viele Menschen in unserer Diözese ganz schlicht und einfach: „Herr, erneuere deine Kirche und fange bei mir an.“ Erneuerung der Kirche ist immer auch Erneuerung von mir selber. Die gerade beendete Amazonassynode fächert Erneuerung und Bekehrung in mehrfacher Hinsicht auf. Es geht um die persönliche Dimension, aber auch um die pastorale, ökologische und kulturelle.
Im Laufe der letzten drei Jahre haben wir in unserer Erzdiözese schon viel erreicht. Der Prozess der Entwicklung unserer Pastoralen Räume ist soweit fortgeschritten, dass von den 28 bereits jetzt 17 Pfarreien gegründet werden konnten.
Wir haben einen Pastoralen Orientierungsrahmen, den ich am 3. Februar 2018, dem Fest des Heiligen Ansgar, in Kraft setzen konnte. Zuvor haben viele Menschen aus unserer Diözese in einem partizipativen Prozess daran mitgearbeitet. In diesem und im nächsten Jahr besuche ich unsere Pfarreien und versuche einzelne Aspekte dieses Orientierungsrahmens bewusst zu machen und die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Manche Gemeindemitglieder bereiten sich auf diese Begegnungen so vor, dass sie den Pastoralen Orientierungsrahmen alleine oder miteinander lesen. In Schleswig-Holstein sagte einmal jemand bei einer solchen Begegnung: „Es steht mehr drin, als ich gedacht habe. Und das ist richtig gut.“ Ich glaube, wir könnten noch viel mehr aus diesem Rahmen schöpfen. Der Pastorale Orientierungsrahmen bringt die Vision einer „Kirche in Beziehung“ für unser Erzbistum ins Wort. Er ist Programm für unser Handeln. Ich wünsche mir, dass sich viele von uns mit ihm auseinandersetzen und ihn auch anderen bekannt machen.
Nachdem unter Leitung unseres Generalvikars von den Fachabteilungen des Generalvikariates gemeinsam mit einer Unternehmensberatung die wirtschaftliche Situation unseres Erzbistums erhoben wurde, haben wir im Dezember 2017 die grundlegenden Daten für unseren Wirtschaftlichen Orientierungsrahmen vorgestellt. Er steckt unsere finanziellen Handlungsmöglichkeiten ab.
So denken wir die pastorale und wirtschaftliche Seite zusammen. Wirtschaft ohne Pastoral ergibt keine Kirche, sondern ein Unternehmen. Aber viele pastorale Tätigkeiten haben eine wirtschaftliche Komponente. Gleichzeitig dürfen wir die Pastoral nicht allein von wirtschaftlichen Fragen abhängig machen. Andere Länder zeigen uns, dass Kirche auch mit wenigen Finanzmitteln sehr lebendig sein kann. Die Veränderung unserer Kirche ist für mich keineswegs nur Risiko oder gar nur Verlust, sondern vielmals Chance und Aufbruch.
Um diese zwei Bereiche miteinander zu verbinden, habe ich versucht, all die Erfahrungen mit den Gläubigen unseres Bistums der vergangenen Jahre in einen Prozess der Geistlichen Unterscheidung mitzunehmen. Hinzu sind elf Gläubige unseres Bistums gekommen, die alle unterschiedliche Perspektiven eingebracht haben. Für die Ratschläge im Sinne der Geistlichen Unterscheidung bin ich ihnen sehr dankbar. Trotz all unserer verschiedenen Blickwinkel haben wir Vorschläge entwickelt, bei denen wir uns als Gruppe sehr einig waren. Das war für mich ein wichtiges Signal: Wir haben intensiv diskutiert, uns dabei ausgiebig zugehört und sind begleitet vom Gebet zu konkreten Ergebnissen gekommen, die wir gemeinsam tragen. Neben dem pastoralen und dem wirtschaftlichen Orientierungsrahmen haben uns außerdem die unter breiter Beteiligung erarbeiteten pastoralen Indikatoren geholfen, die den pastoralen Orientierungsrahmen nochmal für uns geschärft haben. Die entstandenen umfangreichen pastoralen und wirtschaftlichen Empfehlungen für die einzelnen Betätigungsfelder des Bistums habe ich mir als Bischof zu eigen gemacht. Daraus ergeben sich für mich folgende Schwerpunkte für unser Erzbistum.
Seelsorge
Die Territorialseelsorge, sprich die Seelsorge auf dem Gebiet der Pfarreien, wird weiterhin das Rückgrat unserer pastoralen Arbeit bleiben. Die Gemeinden bilden sich als konkrete Gemein-schaften von Menschen durch eine regelmäßige, wenn auch nicht mehr in allen Fällen wöchentlich stattfindende sonntägliche Eucharistiefeier. Die festliche Feier der Sakramente und Sakramentalien, v.a. von Taufe, Buße und Beerdigung, hat hier ihren Ort. Das Vorhandensein eines eigenen Kirchengebäudes ist nicht unbedingt konstitutiv für das Gebet und den Gottesdienst. Wo wir Kirchen haben, sollten sie möglichst oft geöffnet sein und zum Verweilen einladen.
Die Gemeinden bilden wichtige Anknüpfungspunkte für viele unserer Arbeiten. Alle unsere Gemeinden dienen der Sammlung um den Herrn und untereinander, aber auch der Sendung. Jede Gemeinde hat eine Mission. Jeder Christ ist eine Mission, wie Papst Franziskus immer wieder betont. Noch wichtiger als bisher wird dabei die Verbindung mit der Kategorialseel-sorge sein. Das sind die pastoralen Angebote, die sich an bestimmte Zielgruppen richten. Alle Seelsorgerinnen und Seelsorger aus diesem Bereich werden daher zukünftig einem Pastoralen Raum zugeordnet und ihre Angebote stärker vor Ort verankert.
Die Anzahl unserer hauptamtlichen pastoralen Mitarbeitenden sinkt, viele der einzelnen Be-reiche der Kategorialseelsorge wird es allein deshalb zukünftig nicht mehr im gewohnten Umfang geben können. Im Rahmen der Geistlichen Unterscheidung haben wir die verschiedenen Bereiche in der Seelsorge in den Blick genommen und je eigene Konsequenzen gezogen.
Unabhängig von der sinkenden Zahl an Hauptamtlichen wird die Pastoral zukünftig viel stärker als heute vom Ehrenamt geprägt sein. Hier sind verschiedene Maßnahmen zur Förderung anzustoßen. Für die Hauptamtlichen bedeutet dies: Sie werden besonders in der Begleitung und Betreuung dieser Ehrenamtlichen gebraucht. Für eine gute Ehrenamtsarbeit sind Glaubenserfahrung und ein Glaubenswissen notwendig. Denn nur wer seinen Glauben kennt, lebt und feiert, kann darüber ins Gespräch kommen, kann auch andere für die Sache Gottes begeistern, kann wahrhaft missionarisch tätig sein. Aus der Taufe und Firmung heraus sollen so alle in der Kirche ihre Charismen entfalten können, unterstützt durch Hauptamtliche. Dazu braucht es Formen der Gemeinschaft; ich denke an lebendige Glaubens-, Bibel oder Gebets- wie auch Familienkreise und sicher auch neue Formen an den Orten kirchlichen Lebens, in den geistlichen Gemeinschaften und den Orden. Hierzu gehört auch, dass sowohl Pfarrer als auch andere Seelsorgende vermehrt von administrativen Tätigkeiten entlastet werden, indem die Anstellung von Verwaltungskoordinatorinnen und -koordinatoren gefördert wird.
Große Veränderungen wird es in unseren Gemeinden vor allem im Bereich der Immobilien geben. Wir wissen, dass die hohen Unterhaltungskosten für Immobilien die Pfarreien dazu zwingen werden, viele Standorte aufzugeben. Das ist oftmals schmerzhaft, aber schärft auch den Blick dafür, wo es wirklich Gebäude braucht, um den Kern der christlichen Botschaft in Wort und Tat zu verkünden. Dazu gibt es mit der Vermögens- und Immobilienreform ein eigenes Projekt, welches bei der Entwicklung des pfarrlichen und diözesanen Immobilienbestands unterstützt. Welche Immobilien brauchen wir an welchen Orten, um unserem Auftrag nach-zukommen? Welche können wir abgeben oder umnutzen, um uns zu entlasten? Es ist jetzt schon absehbar, dass wir in unserer Diözese und in den Pfarreien zukünftig deutlich weniger Gebäude für die Pastoral zur Verfügung haben werden. Wir dürfen aber nicht vergessen: Die Qualität unserer Arbeit und die Glaubwürdigkeit von uns als Christen hängt nicht an unseren Gebäuden. Das A und O sind die lebendigen Steine.
Wir werden daher für die Pfarreien finanzielle Anreize setzen, sich von Immobilien zu trennen. Die bereits diskutierte Anpassung des Zuweisungswesens hat meine Zustimmung. Dabei ist es mir wichtig, dass die besonderen Bedürfnisse von flächengroßen Pfarreien nicht zu kurz kommen.
Im Mittelpunkt des Pastoralen Orientierungsrahmens stehen die Menschen, die Begegnung mit ihnen und mit Gott. Wir sind Kirche in Beziehung (oder wir sind nicht Kirche). Dazu gehört auch, dass der Austausch zwischen den fremdsprachigen und deutschsprachigen Gemeinden stärker gefördert wird. Die fremdsprachigen Gemeinden machen einen großen Teil unseres Bistums aus. Hier gibt es noch viel Potenzial für Wachstum neuer Beziehungen und gegenseitiger Bereicherung. Denn bei allen Unterschieden verbindet uns der gemeinsame Glaube. Wir brauchen mehr Miteinander anstatt Nebeneinander.
Caritas
Die Caritas ist eine wichtige Dimension kirchlichen Handelns, hier wird das Evangelium nicht nur in Wort, sondern vor allem durch die Tat verkündet und erreicht gerade die Menschen, die gesellschaftlich am Rand stehen. An ihr wird sichtbar, was es bedeutet, eine Kirche zu sein, die in die Welt geht und dort Christus sucht und findet, wo man ihn zunächst nicht vermuten würde. Die caritative Arbeit ist daher ein gutes Beispiel, wie ich mir unser Bistum wünsche, das jenseits eigener Schutzräume in der Welt wirksam wird.
Aufgrund dieser wichtigen Bedeutung der Caritas wird die Arbeit weiterhin mit Nachdruck unterstützt. Trotz rückläufiger Finanzressourcen im Erzbistum wird die Höhe der Caritaszuschüsse daher gleich bleiben, sogar unter Berücksichtigung der Inflation. Das setzt voraus, dass sich die Caritas in den kommenden Jahren noch besser aufstellt.
Über das Bestehende hinaus wird im Bereich der Caritas zusätzlich die spirituelle und pastorale Begleitung der Mitarbeitenden gestärkt. Dazu kommen zusätzlich Kooperationen mit Pfarreien, Gemeinden und anderen Orten kirchlichen Lebens. Pastoral und Caritas werden so zu-künftig enger verknüpft.
Kitas
Die Kitas unseres Bistums sind eine starke Brücke in die Gesellschaft und gerade an pastoralen Orten ohne weitere kirchliche Strukturen ein wesentlicher Anker. Trotz unserer Finanzsituation halten wir an allen Kita-Einrichtungen fest. Aus dem Prozess der Geistlichen Unterscheidung ist zudem hervorgegangen, was bereits im diözesanen Rahmenleitbild für katholische Kindertageseinrichtungen verankert ist: Gerade die religionspädagogische Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher soll intensiviert werden. Insbesondere betrifft dies deren Spiritualität, denn vor allem dank dieser können sich unsere Kitas inhaltlich von anderen Trägern abheben. Wie auch bei der Caritas leben Kitas davon, dass Erziehende eine christliche Spiritualität leben und weitergeben. Diese wird daher weiter individuell entwickelt und gefördert.
Schulen
Die Reform des katholischen Schulsystems ist ein Beispiel dafür, wie es auch unter äußerst schweren finanziellen und logistischen Rahmenbedingungen gelingen kann, einen für das Erzbistum ungemein wichtigen Bereich neu auszurichten. Die Konzentration auf - zusammen mit den Schulen der Bernostfitung - jetzt insgesamt 17 Schulstandorte ermöglicht es, unsere Schulen über das Rahmenleitbild und die damit verbundenen Investitionen von mehr als 130 Millionen Euro nachhaltig und für die Zukunft wettbewerbsfähig weiterzuentwickeln. Zudem ist das in der Geschichte unseres Bistums bislang einmalige Einwerben von 7,5 Millionen Euro durch Fundraising-Aktivitäten für die sogenannten Moratorienschulen – gemeint sind die ka-tholische Sophienschule und die katholische Schule Harburg – ein echter Erfolg. Zeigt sie doch, dass viele Menschen bereit sind, sich in hohem Maße dann für ihre katholische Kirche zu engagieren, wenn diese gut arbeitende und wirkende Einrichtungen finanziell nicht mehr alleine tragen kann. Auch dafür gilt an dieser Stelle allen mein ausdrücklicher Dank!
Beim Engagement des Erzbistums im Bereich Schule wird sich der Blick zukünftig noch stärker auf das Wirken an all den anderen Schulen richten, zum Beispiel durch die Förderung von Schulseelsorge und Religionsunterricht. Das schulische Rahmenleitbild gibt dazu bereits heute wertvolle Impulse.
Bildung
Auch jenseits der Schulen, Kitas und Pfarreien engagieren wir uns als Kirche im Norden für Bildung. Die Arbeit der verschiedenen Bildungsstätten und Tagungshäuser sowie die Ordens-angebote müssen aber besser aufeinander abgestimmt werden. Dazu werden die Träger-schaften gebündelt und die Verwaltungen vereinheitlicht. Wir brauchen ein Gesamtkonzept für all unsere Bildungsangebote, sowohl organisatorisch als auch inhaltlich. Dazu gehört es auch, sich für ökumenische Trägerschaften zu öffnen.
Besonders wichtig werden zukünftig Häuser sein, die mit ihrer inhaltlichen Ausrichtung ein spirituelles Profil haben. Vorbildhaft sind hier vor allem die ordensgetragenen Häuser mit ihren Angeboten. Diese werden weiterhin unterstützt. Trennen werden wir uns allerdings von einigen Beleghäusern, die nicht gut ausgelastet sind und deren Angebote z.T. auch von nicht-kirchlichen Betreibern gemacht werden können.
Unsere Bildungsangebote sollen sich gewiss nicht auf theologische Fragen beschränken, aber es muss deutlich sein, dass die Beziehung zu Gott und damit die missionarische Dimension des Pastoralen Orientierungsrahmens im Mittelpunkt steht. Dieses Spezifikum soll sichtbar sein, von der Jugend- bis zur Seniorenarbeit. Für langfristige Finanzierungsentscheidungen ist solch ein Profil von zentraler Bedeutung.
Mit Blick auf die geschilderte Bedeutung des Ehrenamtes kommt unserer Bildungsarbeit auch eine Verantwortung zu: Welche Aus- und Fortbildungen können angeboten werden?
Durch diese inhaltliche Fokussierung und eine konsequente Nachverfolgung von Qualitätskriterien soll es in angepassten Strukturen möglich sein, den Bereich weiterzuentwickeln. Dies gilt auch, wenn die Angebote insgesamt gesehen nicht umfangreicher als heute finanziert werden können.
Verwaltung
So wie sich das gesamte Erzbistum verändert, so muss sich auch die Verwaltung verändern. Ziel muss es sein, die zukünftigen Aufgaben und Schwerpunkte bestmöglich zu unterstützen. Ich verstehe die Verwaltung dabei als Dienstleister der Betätigungsfelder. Die Verwaltung muss sich dabei natürlich immer möglichst effizient aufstellen, um diesen Auftrag zu erfüllen. Es braucht eine gute Kommunikationskultur innerhalb unseres Generalvikariates, aber auch zwischen Pfarreien und dem EGV. Dabei werden Kooperationen mit anderen Bistümern not-wendig sein. Andererseits werden wir ständig abwägen müssen, ob eine Leistung zentral o-der besser vor Ort, z.B. in den Pfarreien geleistet werden kann und soll. Und drittens müssen wir auch durch eine stringente Kostenkontrolle unser Ausgabeverhalten steuern. Beispiels-weise haben wir bereits in den Aufbau eines Controllings investiert, um die Planung und Kon-trolle der vorhandenen Ressourcen besser steuern zu können.
Zukünftig wird es im Generalvikariat einen Verwaltungsdirektor/in geben, der/die gerade die wirtschaftlich-verwaltenden Abteilungen koordiniert.
Umweltschutz
Mir geht es auch um einen neuen Umgang miteinander und der Umwelt, um eine neue Bis-tumskultur. Seit vielen Jahren ist uns als Menschheit bekannt, dass unsere Art des Lebens die Ressourcen der Welt überproportional verbrauchen. Seit einigen Monaten wird in Deutsch-land insbesondere von jungen Menschen dafür demonstriert, dass aus dieser Erkenntnis Taten folgen. Die sensiblen Ökosysteme werden durch CO2-Emissionen, Plastikproduktion und Oberflächenversiegelungen aus ihrem Gleichgewicht gebracht. Die Folgen werden auch in unserem Bistum, dem im übrigen tiefstgelegensten aller deutschen Diözesen, zu spüren sein: sei es durch den Meeresspiegelanstieg oder durch extremere Wetterereignisse wie Dürre und Starkregen. Unsere Lebensgrundlagen werden hier massiv in Frage gestellt.
Als Christen bewegt uns hier nicht nur der Eigenwert der Schöpfung Gottes, für die wir Verantwortung übertragen bekommen haben, sondern auch die Konsequenzen des Klimawandels für die ärmsten Schwestern und Brüder weltweit. So schreibt auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato Si: „Besonderen Dank verdienen die, welche mit Nachdruck darum ringen, die dramatischen Folgen der Umweltzerstörung im Leben der Ärmsten der Welt zu lösen.“ (S. 16) Er vergleicht weiterhin die Welt mit einem gemeinsamen Haus, das wir gemein-sam aufbauen und schützen müssen. (S. 15) Das Haus zu schützen kann nur dann gelingen, wenn wir unsere Art des Lebens und Wirtschaftens ändern. Nicht das materielle Wachstum ist für uns entscheidend, sondern ein Wachstum an Gemeinschaft, Barmherzigkeit mit den Armen und so ein Wachstum in der Liebe Gottes.
Wir werden daher konkrete Maßnahmen entwickeln, um ressourcenschonender zu leben. Die-se dürfen aber keine Feigenblätter sein, die nur symbolhaft wirken, sondern sie müssen aus einer Grundhaltung erwachsen, die die Bewahrung der Schöpfung zu einem Kernanliegen macht. Umweltpapier oder Ökostrom sind dabei gute erste Schritte, aber gewiss nicht alles.
Jugendliche
Zum Kern der christlichen Botschaft gehört die Wertschätzung jedes einzelnen Menschen. So werden wir uns stärker ausrichten nach denen, die bisher zu wenig Raum in unserem Denken einnehmen. Junge Menschen zeichnen sich durch besonderen Mut und frische Ideen aus, sie haben einen anderen Zugang zu der Welt und Gott wie Menschen meines Alters. Sie nicht nur als Adressaten unseres Handelns zu verstehen, sondern als elementaren Teil unserer Gemein-schaft, ist mir ein besonderes Anliegen. Es gibt keine Verkündigung des Evangeliums ohne Einbeziehung der Adressaten. Das, worum es in der Verkündigung geht, ist in ihnen längst lebendig. Die Jugendarbeit zusammen mit der Sakramentenkatechese und einer breiten Berufungspastoral verdienen breiteren Einsatz und sind in allen Pfarreien unverzichtbar.
Medien
Zwar nicht nur auf junge Menschen beschränkt, rückt hier auch das Thema Medien in den Vordergrund. Diese müssen wir noch stärker als Wege der Kommunikation der Botschaft Jesu verstehen. Denn mit der zunehmenden Mobilität und Verflüssigung der Gesellschaft geht auch ein verändertes Glaubensleben der Menschen einher. Die Räume der Begegnung verändern sich, Gemeinschaften werden z. B. auch in digitalen Medien kultiviert. Die Aufmerksamkeit für neue Medien muss sich auch in der Energie zeigen, die wir dort investieren.
Geschlechtergerechtigkeit
Trotz Fortschritten in den letzten Jahren gibt es weiterhin viel Arbeit im Bereich der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Auch hier wünsche ich mir eine Kultur, in der die Gleichheit aller Menschen vor Gott sich auch im kirchlichen Handeln und Denken ausdrückt. Das gilt insbesondere für die Besetzung von Leitungsstellen. Grundsätzlich steht hier unsere Haltung im gegenseitigen Umgang im Mittelpunkt.
Solidarität
Zuletzt möchte ich, was unsere Kultur betrifft, noch den Blick auf die Armen in unserer Gesell-schaft werfen, der allzu oft verloren geht. Im Pastoralen Orientierungsrahmen wird bei den missionarischen Ausrichtungen von einer aufsuchenden Bewegung gesprochen: Wir gehen zu den Menschen, die am Rand stehen und die es schwer haben. Gemeint ist damit vor allem die Solidarität mit den Armen. Ich wünsche mir daher auch eine Kultur der Bescheidenheit und Demut. Christ zu sein, ist v.a. eine Frage des Stils, des Lebensstils, in dem sich unser Glaube artikuliert. Christen stehen für Solidarität und bemühen sich um den Zusammenhalt der Gesellschaft. Über das Fragment hinaus suchen sie stets nach dem Ganzen. Christen denken über die Welt hinaus auf Gott. Wir glauben an den offenen Himmel!
Weiterarbeit
Mein Wunsch ist nun, dass unsere Überlegungen zur Zukunft unserer Erzdiözese in die Tat umgesetzt werden. Ich übergebe die weitere Ausarbeitung an unseren Generalvikar. In seiner Verantwortung wird es liegen, die entsprechenden Abteilungen unseres Generalvikariates oder andere Gruppen zu beauftragen und ab jetzt regelmäßig konkrete Arbeitsergebnisse den dafür verantwortlichen Gremien unserer Diözese vorzulegen. Ich denke hierbei vor allem an den Diözesanpastoralrat, den Wirtschaftsrat, den Priesterrat sowie das Konsultorenkollegium.
Mir ist es ein großes Bedürfnis, heute allen dankzusagen, die sich in den vergangenen Jahren immer und immer wieder eingebracht haben mit ihren Ideen, Gedanken und Fragestellungen und nicht zuletzt auch mit ihrer Zeit und Kraft. Danke für Ihr Engagement für unsere gesamte Erzdiözese! Danke auch noch einmal dem 11er Kreis, der mir seinen Ratschlag gegeben hat im Sinne der geistlichen Unterscheidung.
Die Projektphase des Erneuerungsprozesses ist abgeschlossen. Die Umsetzungsphase beginnt. Jetzt haben wir Leitlinien, die im Regelbetrieb und in den bestehenden Gremien unserer Diözese weiterbearbeitet und umgesetzt werden sollen. Dafür Gottes reichen Segen!