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Predigt

Grußwort zur Verabschiedung von Landesbischof Dr. h.c. Gerhard Ulrich

09. März 2019
Schwerin

Es gilt das gesprochene Wort


Sehr geehrter Herr Landesbischof Ulrich, lieber Bruder in Christus,

Sie sind älter als ich, sind größer und haben mehr Kinder. Sie fiebern beim HSV mit – mich lässt Fußball kalt.

Seit rund vier Jahren tun wir gemeinsam – es klingt etwas technisch – „kirchenleitenden“ Dienst hier im Norden. Sie schon länger als evangelischer Landesbischof, ich fast auf den Tag genau seit vier Jahren als katholischer Erzbischof. Uns beiden ist es wichtig, das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen – bei unseren halbjährlichen Ökumenischen Bischofstreffen, bei vielen Veranstaltungen und Gottesdiensten, insbesondere beim Christusfest 2017, im Gedenkjahr der Reformation: „Erinnerung heilen - Jesus Christus bezeugen“[1] war ein Leitgedanke in dem Jahr. Erlauben Sie mir, dass ich den Spieß zu Ihrem heutigen Abschied ausnahmsweise umdrehe. Ich möchte einmal Unterschiede zwischen uns suchen.

Das scheint einfach zu beginnen, eben so: Sie sind älter als ich, sind größer und haben mehr Kinder. Sie fiebern beim HSV mit – mich lässt Fußball kalt. Aber sind das gravierende Unterschiede? Mein Haar war auch schon dunkler und dichter und nähert sich in Farbe und Fülle dem Ihren an. Sie kommen aus Hamburg, ich komme aus Köln. Aber beide sind wir doch in Großstädten aufgewachsen. Sie Polizistensohn, ich Bäckersohn; aber wir beide dadurch aus bodenständigen Familien. Ich bin nach Hamburg gezogen, sie aus Hamburg weggezogen; verantwortlich sind wir als Bischöfe aber beide aber für den ganzen Norden – mit dem Unterschied, dass Ihre Herde flächenmäßig und zahlenmäßig größer ist als meine. Sind das alles schon große Unterschiede? Sind nicht hier auch die Gemeinsamkeiten größer?

So einfach ist das mit dem Finden wesentlicher Unterschiede wohl doch nicht. Da fällt mir ein: Sie sind evangelisch, ich katholisch! Hier können wir viele Unterschiede finden – und haben das Jahrhunderte lang routiniert eingeübt. Sie tragen im Gottesdienst schwarz, ich meist farbige Gewänder. Ihre Chefin ist die Synode, meiner der Papst. Sie feiern Reformationstag und ich Allerheiligen. Und so könnte ich diese Liste noch weiter fortführen über die bekannten „heißen Eisen“ der Ökumene wie dem Amtsverständnis oder dem Abendmahl bzw. der Eucharistie. Aber selbst hier ahnen wir, nein wir wissen, die Unterscheide sind nicht das Wesentliche, sondern die Gemeinsamkeiten sind weit größer. „Gemeinsam Gottes Liebe und Gerechtigkeit in Wort und Tat verkünden“ – dieses Versprechen haben Sie mir vor vier Jahren bei meiner Weihe mit auf den Weg gegeben. Gemeinsam den Auftrag Christi erfüllen, den unser Herr der Kirche gab: Das Evangelium, die frohe Botschaft von der Liebe Gottes zu bezeugen und allen Menschen zu verkünden. Ich durfte erleben, wie Sie in diesen gemeinsamen Jahren Wort gehalten haben. An dieser Stelle möchte ich Ihnen meinen aufrichtigen Dank ausdrücken!
Ein letzter Unterschied, lieber Bruder Ulrich, möchte ich dann doch noch nennen: Sie gehen in den Ruhestand, ich darf weitermachen! Wir sind Bischöfe in einer Zeit, die sich sehr schnell verändert. Veränderungen gab es schon immer, aber ihre Geschwindigkeit nimmt zu. Für euch evangelische Schwestern und Brüder bedeutete das unter anderem die Gründung der Nordkirche. Wir Katholiken stecken gerade mitten in unserem Erneuerungsprozess. Uns beide, lieber Bruder Ulrich, verbindet darin eines: in den Veränderungen die Chancen für die Aufbrüche und Erneuerungen sehen zu wollen.

„In einer hören Welt mag es anders sein, aber hier unten heißt Leben sich wandeln, und vollkommen zu sein, sich oft gewandelt haben.“[2] Dieser Satz von John Henry Newman gibt den inneren Sinn der Veränderung an: dem Streben nach Vollkommenheit – als Christen dürfen wir sagen, der innere Sinn der Veränderung ist die Nachfolge Christi. Im Hier und Heute müssen wir Christ-sein und Kirche-sein – in den Umständen, in die wir gestellt sind und mit den Mitteln und Wegen, die uns gegeben und gezeigt werden.

Hier unten – wir Nordlichter sollten lieber „oben“ sagen – heißt Leben sich wandeln, und vollkommen zu sein, sich oft gewandelt haben. Für Sie steht mit dem Ruhestand die nächste Wandlung an. Ich bin mir sicher, dass die Nachfolge Christi, der Sie Ihr ganzes Leben gewidmet haben, auch weiter die innere Richtung der Veränderung sein wird. Dabei braucht es– wie im Gedenkjahr 2017 – die ein oder andere Heilung der Erinnerung, vor allem aber das fröhliche Feiern und Bezeugen unseres gemeinsamen Herrn! Dazu meine herzlichsten Segenswünsche!

So engagiert wie Sie waren – und damit relativiert sich noch der letzte Unterschied ein Stück weit – werden Sie vermutlich einen Ruhe-Stand im eigentlichen Sinne nur schwer erreichen. Aber die verdiente Entspannung und ruhigen Stunden mit Ihrer Familie wünsche ich Ihnen sehr. Um dem Abschalten etwas nachzuhelfen, haben wir im Erzbistum Hamburg beschlossen, Ihnen zwei Gutscheine für das Schleswig-Holstein Musik Festival 2019 zu schenken. Was ich Ihnen außerdem wünsche, entnehme ich dem Alten Testament. Im Buch Rut heißt es: „Der HERR, der Gott Israels, zu dem du gekommen bist, um dich unter seinen Flügeln zu bergen, möge dir dein Tun vergelten und dich reich belohnen.“ (Rut 2,12)

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