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Predigt

Predigt am Weihnachtsfest 2018

24. Dezember 2018
St. Marien-Dom zu Hamburg

Es gilt das gesprochene Wort!


Liebe Schwestern und Brüder,

Anfang Dezember fand hier in Hamburg der CDU Bundesparteitag statt. Ein Programmpunkt war die Wahl der oder des neuen Bundesvorsitzenden. Zuvor sind die drei aussichtsreichsten Kandidaten durch das ganze Land getourt und haben sich auf Regionalkonferenzen vorgestellt: Wer steht für welche Position? Wer geht wie weit? Wer ist wie nah an der Kanzlerin oder setzt sich von ihr ab? Wer wagt es, sich wie weit aus dem Fenster zu lehnen in seinen politischen Ansichten? Häufig eine politische Gratwanderung.

Liebe Schwestern und Brüder, das Weihnachtsfest ist keine Regionalkonferenz. Im Gegenteil, es hat einen universalen Charakter. Aber Weihnachten geht es auch um das Position-beziehen. Es geht an Weihnachten um die Frage: Wo steht Gott?
Wo steht Gott? Ich versuche mir das vorzustellen: Gott lehnt sich aus dem Fenster. Er verlagert seinen Schwerpunkt. Er lehnt sich ganz weit heraus und schlägt sich auf die andere Seite. Gott verlagert den Schwerpunkt von seiner ewigen Herrlichkeit auf diese Erde. Gott verlagert seinen Schwerpunkt zu uns, indem er selber zum Menschen wird. Gott steht auf der Seite der Menschen. Ja, Gott steht auf meiner Seite. Die heilige Theresia von Avila leitet aus dieser Schwerpunktverlagerung eine Konsequenz für ihr Leben ab: Gott und ich sind immer die Mehrheit.

Liebe Schwestern und Brüder, wenn Gott sich so aus dem Fenster lehnt, dann will er uns ermutigen, das Gleiche zu tun. Aus der Frage, wo Gott steht, wird die Frage: Wo stehen wir? Jesus wird nicht müde, seine Zuhörer immer wieder darauf zu verweisen, ihr Leben nicht im Stillen, im Kleinen, im sicheren Kämmerlein zu bewahren, sondern ihr Leben ins Spiel zu bringen, ihr Leben einzusetzen. Weihnachten fordert uns dazu auf, Position zu beziehen und zwar für den Menschen. Weihnachten fordert uns dazu auf, uns auf die Seite des Menschen zu stellen, damit unsere Welt menschlicher wird. Das geschieht nur durch eine Standortverlagerung. Das kann nur da geschehen, wo ich mich in den anderen hineinversetze, wo ich mich auf ihn zubewege, wo ich ihm vertraue und mich für ihn einsetze.

Weihnachten fordert uns noch zu einer zweiten Standortverlagerung auf. Weihnachten fordert uns auf, uns gegenüber Gott aus dem Fenster zu lehnen, auf ihn zu vertrauen, ihn zum Schwerpunkt unseres Lebens zu machen, eben das Leben nicht selber zu hüten und zu bewachen, retten und vollenden zu wollen. Daran würden wir immer scheitern. Stattdessen darf ich mein eigenes Leben mit allen Kräften gestalten und gleichzeitig mich vertrauensvoll in Gottes Hände legen. Es ist immer beides zugleich: gestalten und vertrauen. Es ist nicht fifty-fifty – also ich gebe die Hälfte und die andere Hälfte legt Gott dazu – sondern es sind zweimal einhundert Prozent. Ich versuche mit ganzer Kraft, die Verantwortung für mein Leben zu übernehmen und versuche gleichzeitig mit ganzer Kraft, auf Gott zu vertrauen. Zweimal die ganze Kraft, zweimal einhundert Prozent.

Zu meiner Priesterweihe vor über fünfundzwanzig Jahren habe ich mir ein Wort gewählt, das das letzte Wort Jesu am Kreuz ist: „Herr, auf dich vertraue ich. In deine Hände lege ich mein Leben.“ Jesus, der die Standortverlagerung Gottes in Person ist, hat hier auf Erden Tag für Tag sein Leben gestaltet und zugleich auf seinen himmlischen Vater vertraut. Vielleicht können uns das neugeborene Kind wie auch der Christus am Kreuz helfen, dass wir uns an diesem Weihnachten und in der folgenden Zeit mehr und mehr aus dem Fenster unseres Lebens hinausbewegen auf andere Menschen zu und auf Gott zu. Gesegnete Weihnachten!

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