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Predigt

Predigt zu Allerheiligen

01. November 2023
St. Marien-Dom

Es gilt das gesprochene Wort!

(1. Les.: Offb 7, 2-4.9-14 ; 2. Les.: 1 Joh 3, 1-3; Ev. : Mt 5, 1-12a )

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

wir feiern Allerheiligen, ein katholisches Fest, das beim ersten Hören etwas von „heiler Welt" hervorruft: Wir erinnern uns der Heiligen, die einen Zustand fortwährender Glückseligkeit erreicht haben, fernab allen Leides und aller irdischen Last. Dies ist jedoch nur eine Facette des Festtages, denn Allerheiligen ist zuallererst ein Fest der Solidarität. Es fügt sich gut in die aktuellen unruhigen, ja kriegerischen Zeiten ein.

Nach den terroristischen Angriffen der Hamas am 7. Oktober ist neuerlich großes Leid über Israel gekommen. Die brutalen Entführungen und Morde der Hamas, die ahnungslose, feiernde Menschen trafen, müssen aufs Äußerste verurteilt werden; die Opfer haben unsere volle Solidarität verdient – nichts anderes ist akzeptabel. Der terroristische Angriff hat aber auch großes humanitäres Leid in der palästinensischen Zivilbevölkerung gebracht. Solidarisch wollen wir in unseren Gedanken und Gebeten mit allen sein, die unschuldig schreckliche Verluste erlitten haben und Opfer von Hass und Gewalt geworden sind.

Allerheiligen ist das Fest der großen Solidarität. Wir schauen auf die Kirche des Himmels, auf die große Schar derer, die in Gottes Herrlichkeit leben. Und dabei sind und bleiben sie uns verbunden. Sie stehen vor Gott für uns ein, sind mit uns hier auf der Erde verbunden und mit all denjenigen, die bereits verstorben sind, aber noch nicht in Gottes neuer Welt angekommen sind. Es ist die eine große Kirche, sozusagen auf mehreren Ebenen.

In der jüngeren Geschichte sind darunter auch solche Heilige, die in ihrem Schicksal demjenigen der vielen Opfer der vergangenen Wochen verbunden sind. Eine durch Terror fehlgeleitete, radikalisierte „Religion" fordert seit Jahrzehnten zahlreiche christliche Opfer im Nahen Osten.

So etwa die 21 Märtyrer von Sirte, die 2015 in der gleichnamigen libyschen Hafenstadt entführt wurden. 20 von ihnen waren namentlich bekannte koptische Christen, davon 13 aus dem Dorf Al Our in Oberägypten. Das 21. Opfer stammte wohl aus Ghana. Ob er bereits getaufter Christ war, ist nicht sicher festzustellen. Berichten zufolge hat ihn die Standhaftigkeit seiner Mitgefangenen so beeindruckt, dass auch er das erzwungene Bekenntnis zum Islam ablehnte. "Ihr Gott ist auch mein Gott", habe er demnach bekannt. Für die Kirche sind somit alle 21 Toten von Sirte unterschiedslos Märtyrer.

„Von Menschen und Göttern" ist der Titel eines Film, der das Schicksal der sieben trappistischen Mönche von Tibhirine, Algerien erzählt. Sie wurden 1996 von einer islamistischen Terrorgruppe entführt und mit weiteren Geiseln ermordet.
Solidarität im gemeinsamen Schicksal, Solidarität über den Tod hinaus. Unsere Vorfahren haben Heilige immer wieder angerufen und um ihren Beistand gebeten. Vielleicht sind die hier genannten Märtyrer-Heiligen die „richtigen Ansprechpartner", wenn es um die so unfassbar komplexe und schwierige Aufgabe des Friedens im Nahen Osten geht?

Ich möchte Ihnen heute zwei Anregungen für ihr religiöses Leben mitgeben:
Erstens ist es wichtig, die Heiligen immer mehr kennen zu lernen, vielleicht den ein oder anderen als „Lieblingsheiligen" zu verehren. Das ist jemand, dessen Leben mir vertraut ist, der mir durch sein Vorangehen und sein Beispiel helfen kann, im Hier und Heute selber als Christ meine Frau/ meinen Mann zu stehen. Von manchem großem Heiligen, wie etwa dem heiligen Ignatius von Loyola oder der Heiligen Theresia von Avila, wissen wir, dass sie gerne Heiligenbiografien gelesen haben, um das Leben der Heiligen so besser kennenlernen zu können. Der Trend, andere Menschen in ihrer Lebensgestaltung zum Vorbild zu nehmen, hält bis in unsere Tage an: Influencer oder Bestseller-Biographien stehen hoch im Kurs. Auch über die Heiligen können wir uns durch Bücher, über das Internet, über Reisen zu Wallfahrtsorten informieren und so den einen oder die andere Heilige besser und tiefer kennen lernen. Vielleicht haben sie schon längst ihren persönlichen Begleiter. Wenn nicht, dann freuen sie sich darauf, mit Persönlichkeiten aus dieser großen Schar näher bekannt zu werden. Die in den letzten Jahren gewachsene Anzahl zeitgenössicher Heiliger, die unseren Lebensentwürfen näherstehen als mancher Heiliger der vergangenen Jahrhunderte, mag dabei hilfreich sein.

Zweitens haben wir die Möglichkeit, die Heiligen um ein gutes Wort für uns zu bitten und dass sie für uns vor Gott einstehen. Sie wollen Fürsprache für uns halten. Das nimmt Gott nichts. Gott ist und bleibt Gott – zwischen ihm und uns gibt es nur einen einzigen Mittler, nämlich Jesus Christus selbst. Die Fürsprache der Heiligen ist anders gelagert, und zwar in der Art, wie Maria es auf der Hochzeit zu Kana getan hat. Sie hat Jesus nicht gesagt, was er zu tun hätte. Sie hat einfach die Situation dieses jungen Brautpaares ausgesprochen: „Herr, sie haben keinen Wein mehr". Vielleicht tun die Heiligen nichts anderes für uns, als auf unseren Mangel und unsere Missstände ein wenig hinzuweisen. Deswegen können auch wir sie immer wieder darum bitten: in der Allerheiligenlitanei, die vor allen Dingen in der Osternacht gebetet und gesungen wird, aber auch bei jeder Weihe rufen wir viele von ihnen an und stimmen immer wieder gemeinsam ein: „Bitte für uns". Wenn wir den Rosenkranz beten, dann tun wir das: „Heilige Maria Muttergottes, bitte für uns jetzt und in der Stunde unseres Todes."

Schwestern und Brüder,

freuen wir uns heute an dieser großen Solidargemeinschaft in unserer Kirche in Verbundenheit mit allen Heiligen und Seligen. Lassen wir uns von ihnen inspirieren, Solidarität im Hier und Jetzt zu leben und schöpfen wir Hoffnung aus ihrem Zeugnis, das der Wahrheit und der Gerechtigkeit in unserer Welt nachhaltig ein Gesicht gibt.

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