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Predigt

Predigt zu Gründonnerstag

17. April 2025
St. Marien-Dom in Hamburg

„Indem wir die Eucharistie in uns aufnehmen, am Tisch des Herrn mit ihm Mahl halten, werden wir befähigt, über unsere kleinen, oft engen menschlichen Grenzen hinauszuwachsen."

Erzbischof Dr. Stefan Heße

Es gilt das gesprochene Wort!

 

(1. Les.: Ex 12, 1-8.11-1 ; 2. Les.: 1 Kor 11, 23-26 ; Ev.: Joh 13, 1-15 )

 „Exzellenz. Einfach geliefert“, so der Slogan eines bekannten Lieferdienstes. Das Liefern ist für unser Leben ziemlich wichtig geworden: ob der Abendsnack oder die Warenlieferung „Prime“, ohne die wir nicht das bekämen, was wir bestellt haben. Geliefert soll aber auch an anderer Stelle werden. Von Politikern sagt man gerne: Jetzt müssen sie endlich liefern – also nicht nur Versprechen machen, sondern Taten folgen lassen.

Der Gründonnerstag hat es in vielfacher Hinsicht mit dem Liefern zu tun – und es ist Jesus selbst, der dabei liefert. Seine schönste Überlieferung gibt er uns am heutigen Fest – frei Haus:

Im Mahl von Brot und Wein überliefert er sich selbst. Jesus greift den alttestamentlichen jüdischen Pascharitus auf und ergänzt ihn. Er nimmt das Brot und den Wein, macht den entscheidenden Zusatz: „Das ist mein Leib … Das ist mein Blut.“ Auf den Punkt gebracht bedeutet es: Das bin ich für euch.

In jeder Messfeier wird diese Überlieferung lebendig, und sie ist die bedeutendste, die wir Christen kennen; alles andere ist höchstens zweitrangig. Das ist die eigentliche Überlieferungsgeschichte des Christentums. Wir leben als Christen nicht aus uns selbst, sondern von dem, was er uns schenkt und liefert, nämlich sich selbst. Es geht vornehmlich nicht um die Überlieferung von Dingen, Ritualen oder Weisheiten, sondern um die einer Person.

Der Gründonnerstag kennt sodann eine zweite Facette der Lieferung, die jedoch in eine ganz andere Richtung weist. Sie lässt uns schon das Düstere von morgen, vom Karfreitag, erahnen. Von Judas Iskariot, dem sogenannten Verräter, heißt es schlicht und einfach: „Da lieferte er ihnen Jesus aus“ (Joh 19,16) – für die berühmten 30 Silberstücke.

Man kann jemanden ausliefern, man kann ihn ans Messer liefern, wie ein Ding verkaufen – bar jeder Würde und Menschlichkeit. Jemanden auszuliefern bedeutet, ihn zu entmenschlichen, ihm jegliche Würde abzusprechen.

Es ist das Tragische an der Leidensgeschichte Jesu, dass er gerade von einem seiner engsten Vertrauten ausgeliefert wird. Eine zusätzliche Leidensspitze, die in das Verwundbarste trifft, das wir Menschen haben: Vertrauen und Freundschaft. Es ist und bleibt eine Mahnung für uns, dass der letzte Abend Jesu auf dieser Erde so vergiftet wird vom Verrat durch einen Menschen.

Ein dritter Aspekt ist der Tod Jesu selbst. Das, was Jesus mit der wunderbaren Überlieferung von Brot und Wein in der Eucharistie vorweggenommen hat, wird in seiner Auslieferung in den Tod hinein vollzogen. Jesu Tod ist dabei nicht sein Schicksal, in das er blind hineingerät. Es ist auch nicht die Tat eines Judas allein – nein, er liefert sich selber aus, indem er bis zum Schluss treu zu seiner Sendung steht und den Willen des Vaters annimmt. Darum ringt er im Ölgarten in der Nacht und am Kreuz am Tag. Das ist der größte Kampf seines Lebens.

Leider schlafen die Jünger in dieser schwersten Stunde ein oder machen sich aus dem Staub. Wer kennt das nicht? Es ist allzu menschlich – das Scheitern bleibt unser Teil, immer wieder.

Doch der Gründonnerstag fordert nichts Übermenschliches von uns, keine Superleistung, die wir abzuliefern hätten. Vielmehr ist der Gründonnerstag die Einladung, uns von Jesus mit dem beliefern, zuzurüsten zu lassen, was uns darin stärkt, seinem Beispiel – der Liebe zu allen Menschen – zu folgen. Indem wir die Eucharistie in uns aufnehmen, am Tisch des Herrn mit ihm Mahl halten, werden wir befähigt, über unsere kleinen, oft engen menschlichen Grenzen hinauszuwachsen. Es ist dann Christi Kraft in uns, die uns nicht nur davor mahnt, keinen anderen auszuliefern, zu verraten, zu verlassen oder zu verwenden; der Gründonnerstag gibt uns den Mut, dass wir unser Leben nicht für uns alleine haben. Wir sind eingeladen, es zu geben für die Menschen, die uns anvertraut sind und für diese Welt und alle, die darin leiden. Am Ende dürfen wir aus dem Vertrauen auf den, der sich uns ausgeliefert hat und sich immer wieder neu schenkt, uns selbst ausliefern und hineingeben in Gottes gute Hände. Unser verstorbener Alt­-Erzbischof Werner Thissen hat das sein Leben lang getan und am letzten Dienstag sein Leben endgültig in Gottes gute Hände zurückgegeben.

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