Die katholischen Bischöfe Deutschlands fordern ein sofortiges Ende der Gewalt in Gaza und erinnern zugleich an den Hamas-Terror vom 7. Oktober 2023, der sich bald zum zweiten Mal jährt. In einer am Donnerstag zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung in Fulda veröffentlichten Erklärung fordern sie die Freilassung aller Geiseln, ungehinderte Hilfe für Millionen Hungernde und eine Zwei-Staaten-Lösung.
Die Bischöfe verweisen auf die besondere Verantwortung der Deutschen, «der Solidarität mit dem jüdischen Volk, auch mit dem Staat Israel, eine herausgehobene Bedeutung beizumessen». Nach dem Terror der Hamas, der den Krieg ausgelöst habe und den die Bischöfe scharf verurteilen, stehe das Recht Israels auf Selbstverteidigung außer Frage: „Aber es ist nicht schrankenlos, sondern unterliegt den limitierenden Vorgaben des Völkerrechts.“
60.000 Tote und 150.000 Verletzte
Eine rein militärische Strategie schaffe keine Sicherheit, sondern neue endlose Gewaltspiralen, so die Bischöfe weiter. In Gaza gebe es bislang schon mehr als 60.000 Tote und 150.000 Verletzte. Hinzu komme das unermessliche „Leid einer Zivilbevölkerung, die inmitten massiver Zerstörung ums Überleben ringt. Schlimmer noch: Die Blockade humanitärer Hilfe verschärft die Not zusätzlich.“
Israels Krieg gegen die Hamas habe „zu einer nicht hinnehmbaren humanitären Katastrophe geführt, die erhebliche Fragen zur Beachtung wesentlicher Normen des humanitären Völkerrechts aufwirft“, fügte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, in seinem Abschlussbericht hinzu.
Gegen Siedlergewalt und religiösen Extremismus
Die Bischöfe verurteilen außerdem die Gewalt radikaler Siedler im Westjordanland. Auch kritisieren sie «jüdische Fundamentalisten und Politiker des rechtsextremen Flügels der israelischen Regierung“, die einem souveränen palästinensischen Staat das Existenzrecht absprächen.
Bedenklich sei es, so die Bischöfe weiter, „dass im Nahen Osten Ideologien, die Religion und Politik toxisch vermischen, wachsende Bedeutung erlangen“. Das gelte etwa für die Hamas und ähnliche Organisationen, die den Kampf gegen Israel und die Tötung jüdischen Lebens als religiöse Pflicht propagierten. Aber auch in Israel gebe es einen wachsenden Einfluss religiös-politischer Ideologien, die territoriale Ansprüche im Rückgriff auf ihr Verständnis der biblischen Landverheißung begründeten.
Judenhass als „Schande für unser Land»
Bei aller Kritik an Israel warnen die Bischöfe vor jeder Form von Antisemitismus: „Zwischen berechtigter Kritik am Handeln der israelischen Regierung einerseits und der Feindseligkeit gegenüber Menschen jüdischen Glaubens andererseits liegt ein tiefgreifender Unterschied.“ Dass auch in Deutschland Feindschaft gegen Juden zunehme, sei „eine Schande für unser Land“.
Die Erklärung endet mit einem eindringlichen Appell: Alle Geiseln müssten sofort freigelassen und humanitäre Hilfe ungehindert zugelassen werden. Dauerhafter Friede sei nur durch eine politische Lösung möglich - mit zwei Staaten, die Seite an Seite in Sicherheit und Würde leben.
Zurückhaltung der Bundesregierung richtig
Trotz der Forderung nach einer Zwei-Staaten-Lösung stellte sich Bischof Bätzing hinter die Zurückhaltung Deutschlands bei der Anerkennung eines Palästinenserstaats: „Ich meine, dass die Bundesregierung hier einen guten Weg fährt.“ Die Gaza-Erklärung der Bischöfe sei nicht als Aufforderung an die Regierung zu verstehen, den Staat Palästina anzuerkennen.
Die Anerkennungen durch einige Staaten wie Großbritannien, Frankreich oder Kanada in den letzten Tagen seien Signale der Positionierung, so Bätzing weiter: „Aber ich habe auch den Eindruck, es sind gleichzeitig Signale der Überforderung und Hilflosigkeit.“ Denn mit jedem Tag rücke derzeit die Möglichkeit eines palästinensischen Staates weiter aus dem Blickfeld „und mit der Forderung oder der Anerkennung ist ja noch nichts getan“.
Quelle: KNA