Erstmals hat das Erzbistum Hamburg einen Tätigkeitsbericht zum Umgang mit sexualisierter Gewalt vorgelegt. Er nennt einige Zahlen und erläutert die Arbeit seiner zuständigen Stellen.
Anders als das Bistum Aachen will das Erzbistum Hamburg derzeit noch keine Namen von Missbrauchstätern veröffentlichen. «Wir sind nicht grundsätzlich dagegen», so Generalvikar Sascha-Philipp Geißler am Donnerstag vor Journalisten, «aber wir brauchen noch mehr Rechtssicherheit.» Zudem gebe es unter Betroffenen ganz gegensätzliche Forderungen dazu. Geißler äußerte sich bei der Vorstellung eines ersten Tätigkeitsberichts des Erzbistums Hamburg zum Umgang mit sexualisierter Gewalt.
Im vergangenen Jahr hatte Erzbischof Stefan Heße zugesagt, künftig jährlich einen solchen Bericht vorzulegen. Der erste skizziert die Arbeit der Jahre 2011 bis 2022. In diesem Zeitraum wurden dem Erzbistum 272 Vorfälle gemeldet. Dabei handelte es sich um Vorwürfe sexualisierter Gewalt an Minderjährigen oder schutzbedürftigen Erwachsenen durch kirchliche Mitarbeiter wie auch um Vorfälle unter Kindern und Jugendlichen. Auch Anzeigen von Machtmissbrauch oder Mobbing unter Mitarbeitern zählten dazu.
Eine genaue Kategorisierung erfolgt laut Bericht erst seit 2022. Vergangenes Jahr gab es demnach 24 Meldungen an das Referat Intervention. Sieben betrafen Vorwürfe sexualisierter Gewalt: fünf Fälle, die rund 50 Jahre zurückliegen, sowie zwei Meldungen zu aktuellen Vorfällen in Institutionen.
Betroffenen erhielten vom Erzbistum Hamburg bisher insgesamt knapp 880.000 Euro. Darunter sind 488.000 Euro Zahlungen zur Anerkennung erlittenen Leids, die ihnen durch die 2021 gegründete Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) in Bonn zugesprochen wurden. Weitere Zahlungen von knapp 114.000 Euro betrafen dem Bericht zufolge Therapie und sonstige Unterstützungen.
Auf Nachfrage verteidigte Geißler die Nichtbeteiligung von Betroffenen bei der Erstellung des Berichts. Es handle sich um einen Rechenschaftsbericht des Erzbistums. Diesen habe der Betroffenenrat vorher zur Kenntnis erhalten; in der kommenden Woche solle ein Gespräch darüber stattfinden. Katja Kottmann, Leiterin des Referates Intervention, stellte in Aussicht, dass bei der Erstellung des nächsten Berichts auch Betroffene beteiligt werden.
Anders als für den mecklenburgischen Teil des Erzbistums steht für Hamburg und Schleswig-Holstein eine Missbrauchstudie noch aus. Man warte dazu auf Impulse der Unabhängigen Aufarbeitungskommission Nord, die im vergangenen Jahr ihre Arbeit aufgenommen habe, so Geißler. Bis 1994 gehörte das Gebiet der heutigen Erzdiözese zum Bistum Osnabrück. Daher wird der Zeitraum von 1945 bis 1994 in der Osnabrücker Studie behandelt. Deren Endergebnis wird für kommenden Spätsommer erwartet.
Laut dem Hamburger Tätigkeitsbericht waren bis Ende 2022 bei 120 Einrichtungen Schutzkonzepte zertifiziert worden. Zudem wurden seit 2012 etwa 14.000 Personen geschult oder requalifiziert. Unter den zertifizierten Einrichtungen und solchen, die gerade dabei sind, befinden sich laut Monika Stein, Leiterin des Referates Prävention, alle Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, Schulen wie auch Pfarrgemeinden.
Quelle: KNA