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Die Jesuiten verlassen die Ansgar-Schule in Hamburg

Das Privileg des Paters: Er hat immer Zeit.

Veröffentlicht am: 19. September 2024
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A. Hüser/ Erzbistum Hamburg

An der Hamburger Sankt-Ansgar-Schule waren seit der Gründung Jesuiten tätig. Der Jugendseelsorger Pater Dag Heinrichowski ist der letzte von ihnen. Er geht jetzt nach Frankfurt. Sehen und hören wird man ihn weiterhin. 

Etwas merkwürdig ist es schon, wenn ein Schüler nach Jahren in seine alte Schule zurückkehrt. Vor allem, wenn er nicht als Besucher kommt, sondern in der Schule arbeitet. Noch eigenartiger ist der Fall: Ein Schüler einer traditionell von Jesuiten geführten Schule kommt Jahre nach dem Abitur in seine alte Schule zurück – als Jesuitenpater. „Meine Klassenlehrerin, mein Lateinlehrer – die sind alle noch da. Aber für mich war das kein Problem. Ich hatte immer ein sehr gutes Verhältnis zu ihnen.“ 

Dag Heinrichowski (33) sitzt im Keller der Ansgarschule. Und um ihn herum sieht es wüst aus. Zelte, Stangen, Liederbücher, Kästen mit Flaschen, Wimpel, Fahrradhelme stapeln sich in den Räumen. Das ist das Gepäck von fünf Zeltlagern, zu denen die „Katholische Studierende Jugend“ (KSJ) in den Sommerferien aufgebrochen ist. In zwei Lagern war Pater Heinrichowski selbst dabei. In anderen Jahren waren es noch mehr. Dag Heinrichowski ist Seelsorger der KSJ in Hamburg – als solcher die Seele des Ganzen.

Ein Jugendverband ohne Nachwuchssorgen

Die Katholische Studierende Jugend gibt es in 18 Bistümern. An den katholischen Gymnasien in Hamburg war der Verband schon immer stark. Etwa 400 Mitglieder hat der Verband an den beiden katholischen Gymnasien in Hamburg, der Sankt-Ansgar-Schule und der Sophie-Barat-Schule. Wer in diese Schulen geht, muss nicht in der KSJ nicht mitmachen. Aber jeder Jahrgang bis zur Klasse 9 hat eine KSJ Gruppe. Ab der 10. Klasse können die Schüler sich zu Gruppenleitern wählen lassen. „Da finden sich immer mehr, die es machen wollen, als es Plätze gibt.“ Die Gruppenstunden sind keine verlängerte Schule. Es wird gespielt, gebastelt, die etwas älteren diskutieren über Fragen des Lebens und der Politik. Nachmittags sind Küche und Teestube offen – für Wochenenden hat die KSJ ein eigenes Haus an der Nordsee, in Büsum. Frühjahrslager, Taizéfahrten, Segeltouren sorgen für unbeschwerte Gemeinschafts-Erlebnisse fern der Großstadtmauern. 

Dass das immer auch geistliche Erlebnisse sind, dafür sorgen neben anderen die Jesuitenpatres. Anfangs, nach der Schulgründung 1946 waren die Jesuiten als Lehrer tätig – in den vergangenen Jahren als Seelsorger und Begleiter der KSJ. Über der Tür von Dag Heinrichowskis Kellerreich hängen in einer Reihe elf Portraits seiner Vorgänger. Viele Patres sind auch nach vielen Jahren im Gedächtnis der Hamburger Katholiken geblieben.

Mit dem Fahrrad von Hamburg nach Frankfurt

Es fehlt noch ein Bild von Dag Heinrichowski. Dann wäre die Ahnengalerie komplett. Denn er ist der letzte Jesuit in der Ansgar-Schule. Am 14. September wurde er und sein Orden in einem KSJ-Fest verabschiedet. Nun radelt er zu seinem nächsten Einsatzort – nach Frankfurt. Dort wird Pater Heinrichowski Spiritual des Priesterseminars an der Jesuitenhochschule St. Georgen. Dazu schreibt er seine Doktorarbeit über ein Thema, das zu seinen Spezialgebieten gehört: das Gebet im Zeitalter der Digitalisierung. 

Beten und zum Beten anleiten, das gehört zum Beruf eines Priesters. Dag Heinrichowski aber hat einen Spezialauftrag. Er ist Deutschland-Koordinator für das weltweite Gebetsnetzwerk des Papstes. Digital begegnet man ihm an vielen Stellen in Wort und Bild. Da gibt es nicht nur die offizielle päpstlichen App „Click to Pray“ – Der Hamburger hat auch den Podcast einfach-beten (einfach-beten.podigee.io) und die One-Minute-Homily (auf Youtube) ins Leben gerufen. Die Einminutenpredigt ist eine besonders harte Aufgabe: „Die Uhr läuft gnadenlos ab. Jeder Satz muss pointiert sein, sonst würde ich nie so kurz sprechen.“ Die Allgegenwart digitaler Medien haben Sonnen- und Schattenseiten. Vor allem für Kinder und Jugendliche. „Die genießen in einem Zeltlager, dass es dort für einige Tage keine Handys gibt.“ Die elektronische Kommunikation bietet aber auch Chancen. „In den sozialen Medien kreise ich normalerweise um mich selbst. Aber es können auch neue Formen von Gebetsgemeinschaften entstehen.“  

Diese Gemeinschaften sind dann an keinen Ort gebunden. In Hamburg allerdings bedeutet der Weggang des letzten Jugendseelsorgers der Gesellschaft Jesu einen Einschnitt. Dag Heinrichowski ist überzeugt davon, dass die KSJ mit neuen, aber auch bewährten Personen und einer abgespeckten Verbands-Struktur gut weiter geführt wird. Aber einen Pater, der von morgens bis nachts zu sprechen ist und der ein Zeltlager nach dem anderen mitmacht, wird es nicht mehr geben. Knochenarbeit könnte man das nennen. Dag Heinrichowski sieht es anders. „Es war ein Privileg, dass wir Ordensmänner hatten – dass wir unsere ganze Zeit zur Verfügung stellen konnten."

Andreas Hüser

 

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