Michael Veldboer, Pastoralreferent, Pfarrei St. Vicelin Eutin, schreibt in seinem Gastbeitrag über die aktuellen Herausforderungen und Chancen der Seelsorge im Kontext gesellschaftlicher, kirchlicher und diözesaner Veränderungen.
Obgleich viele unter dem Begriff „Seelsorge“ das ganze kirchliche Handeln verstehen, ist dieser Terminus theologisch auch für mich nicht unumstritten. Dennoch spielt in der Überzeugung der handelnden Personen die Seelsorge eine herausragende Rolle.
Unter dem Eindruck verminderter Kirchensteuereinnahmen, reduziertem Personal und rückläufiger Mitgliederzahlen, wird sich m.E. nicht zuletzt auch die Gestalt der Kirche verändern. Es ist der Spagat zwischen den permanenten Herausforderungen einerseits und die Aufrechterhaltung der eigenen Herkunft und Identität andererseits. Alle Aspekte des kirchlichen Handelns sind davon betroffen und werfen entsprechende Fragen auf:
Wer sind demnächst die Adressaten? Welches Selbstverständnis haben die Seelsorgerinnen und Seelsorger? Welche Kommunikationswege sind förderlich? Wie werden Prozesse und Strukturen organisiert? Welche Kernkompetenzen sind für Pastoraltätige unerlässlich? Welches Kirchenbild ist angemessen? Welche Bedeutung hat die Frohe Botschaft in einer wachsenden säkularen Gesellschaft? Welche Angebote sind zielführend?
Mit Blick auf die Ergebnisse der jüngsten Mitgliedschaftsuntersuchung beider Kirchen aus dem Jahr 2023 ergeben sich nunmehr für mich entsprechende Forderungen:
In einer Welt, die von schnellen Veränderungen und vielfältigen Herausforderungen geprägt ist, bleibt auch zukünftig Kirche und damit die Seelsorge ein bedeutendes Angebot, das den Menschen hilft, in schwierigen Zeiten Halt zu finden, eigene Perspektiven und Lösungen zu entwickeln, um den Weg zu einem erfüllten Leben zu gehen. Als Seelsorger ermögliche ich somit den „Übergang von einem operativ-presbyterialen zu einem strategisch-episkopalen Führungsverständnis.“ Ich habe also alles zu tun, was die Selbstverantwortung der Menschen fördert, und habe demzufolge alles zu unterlassen, was dieser Selbstverantwortung entgegensteht.
Rückläufige Mitgliederzahlen, reduziertes Personal und verminderte Kirchensteuereinnahmen können dann zum „Segen“ der Kirchen werden, wenn sie die „Zeichen der Zeit“ erkennen, den Mut zu wirklicher Erneuerung aufbringen und den notwendigen Kulturwandel vollziehen.
Alle Bestrebungen sind auf das Ziel der Seelsorge auszurichten: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.“ (GAUDIUM ET SPES)