Ein Raum der neuen Hoffnung! Sie waren seit langem die ersten Gäste aus dem Partnerbistum Puerto Iguazu. Marlene Jenzer, Francisca Gonzalez und Augustina Jara besuchten die Katholische Schule Harburg. Ein Wiedersehen und viele neue Pläne!
Das Einmaleins ist dasselbe, ob man es in Argentinien oder in Deutschland lernen darf. Geschichte, Erdkunde, da beginnen schon die Unterschiede. Und einiges ist in der Grundschule San Miguel in Eldorado ganz anders als in der Katholischen Schule Harburg, kurz KSH. Ein Beispiel gibt Marlene Yenzer, Leiterin der Schule San Miguel: „Wie groß unsere Klassen sind, das ergibt sich daraus, wieviel Kinder in der Siedlung in einem Jahrgang geboren wurden. Independencia ist ein sehr armes Viertel. Es gibt nur diese Schule und in der Regel jeweils eine Klasse.“
Yenzer erzählt das in Hamburg. Zusammen mit Francisca Gonzalez und Augustina Jara hat sie die Schule in Harburg besucht, mit der ihre Schule seit fast 15 Jahren eine Partnerschaft verbindet. Eigentlich war der Besuch zum 160. Gründungstag der Katholischen Schule Harburg 2020 geplant, musste aber wegen Corona verschoben werden wie alle Direktkontakte zwischen den befreundeten Bistümern Puerto Iguazú und Hamburg.
Francisca Gonzalez brachte die Grüße von Bischof Nicolás Baisi nach Hamburg. Sie ist Koordinatorin der katholischen Schulen im Bistum Iguazú. Das macht sie ehrenamtlich. „Hauptberuflich“ ist sie Direktorin einer Secundaria, einer weiterführenden Schule und einer Fachhochschule für Lehrerausbildung. „Wir haben im Bistum elf Schulen, 3 565 Schüler und 340 Lehrkräfte“, zählt sie auf. „Die zwölfte Schule ist gerade im Aufbau.“ Die Finanzierung der Schulen ist auch in Argentinien nicht einfach. Staatliche Gelder gibt es nur für die Lehrergehälter. Allerdings unterstützen sich die katholischen Schulen untereinander. Nach dem Solidaritätsprinzip geben die reichen Schulen den armen etwas ab, so auch dem Instituto San Miguel.
Hamburger Partner fördern 30 Stipendiaten
Augustina Jara, die dritte in der Reisegruppe, ist auf diese Schule gegangen. Nach der siebten Klasse, dem Abschluss der „Primaria“, war sie Stipendiatin des Förderprogramms, das über die Partnerschule KSH und mit starker Unterstützung der katholischen Franz-Joseph-Gemeinde finanziert wird. Ohne das Stipendium wäre ihre Schulzeit zu Ende gewesen. „Ihrer Familie fehlen die wirtschaftlichen Möglichkeiten, den weiteren Bildungsweg zu bezahlen. Aber sie selbst hat großes Potenzial“, sagt Marlene Yenzer. Dass Augustina die Sekundarstufe erfolgreich abgeschlossen hat und inzwischen auch studiert, ist eine Frucht der Schulpartnerschaft und des seit 2021 bestehenden Terciario Programms. Es ist angebunden beim Erzbistum Hamburg und unterstützt bei Studium und Berufsausbildung. Augustina Jara gehört zu den mittlerweile insgesamt 30 – und aktuell 18 – Stipendiaten. „Sie bekommen ein monatliches Budget von 50 Euro, um Unterrichtsmaterial, Fahrtkosten, Schulkleidung bis hin zu Sportschuhen zu finanzieren“, sagt Yenzer. Bei der Auswahl ist ausschlaggebend: Sie müssen lernwillig und begabt sein und sie dürfen keine Möglichkeiten der Eigenfinanzierung haben.
Gertrud Theobald, die die Schulpartnerschaft von Anfang an begleitet hat, berichtet, was bisher geschah. „Es ist gelungen, im Laufe der Zeit die Partner-Schule nachhaltig zu fördern; es entstanden Toiletten, Sportplatz, Bibliothek und Informatikraum. All das hat auch vor Ort sehr viel Motivation und Engagement bei der Schülerschaft und den Pädagogen hervorgerufen. Es stellte sich aber zunehmend die Frage: Was geschieht nach der siebten Klasse, dem Ende der Primaria?“ So wurde 2013 das Secundaria Programm gestartet und darauf aufbauend 2021 das Terciario Programm.
Noch immer gibt es viel zu tun. Neue Projekte entstehen, je nach Bedarf und Möglichkeiten. Die Schule befindet sich in einer Favela, einem Armenviertel. Die wirtschaftliche und die soziale Lage sind extrem kritisch. Aber es gibt eine Überlegung. Gertrud Theobald: „Es gibt im Hof der Schule einen neuen Garten, in dem jetzt Obst und Gemüse angebaut werden. Wir sammeln jetzt Geld für eine Küche, damit in der Schule sofort die Ernte verarbeitet werden kann.“ Das ist gleichzeitig ein Beitrag für die Verbesserung der Ernährung und der Gesundheit, ein Aspekt, der mit Blick auf die schlechte medizinische Versorgung große Bedeutung hat. Die Küche wird Teil eines neuen Erweiterungsbaus an der Schule. Der neue Raum soll Begegnungs- und Lernort für das ganze Stadtviertel werden. Das Projekt hat einen sprechenden Namen: „Buen futuro“ – gute Zukunft.
Auch die „andere Seite“ der Stadt gesehen
Bei ihrem Aufenthalt haben die Lehrerinnen und die Studentin das schöne Hamburg, aber auch die „andere Seite“ der Stadt kennengelernt, so etwa beim Besuch der Hamburger Tafel und dem Sozialdienst katholischer Frauen. Es gab zahlreiche Begegnungen und Gespräche: mit Erzbischof Stefan Heße und vielen Menschen in dieser Stadt. Die Gäste haben mehrere katholische Schulen besucht. Beeindruckt waren sie von deren technischer Ausstattung und den kleinen Klassen.
Ein besonderer Blickfang war der Werkraum der katholischen Schule in Blankenese. Denn ein ähnlicher Werkraum soll auch in der Schule „Hogar Peruti“ entstehen. Ein Haus gibt es schon. Im Moment ist es allerdings heruntergekommen. Der Fußboden bricht ein. Holzwerkzeug zu bekommen, ist hier allerdings wichtiger als der Fußboden. Es handelt sich um eine interkulturelle Schule, die Kinder aus indigenen Familien besuchen. „Für diese ist der Fußboden kein Problem. Sie stehen lieber auf der Erde statt auf einem Holzboden“, sagt Francisca Gonzalez.
Weitere Projekte sind derzeit in Arbeit, wie etwa die Kooperation mit der Agrarfachhochschule Capiovi, die ihr landwirtschaftlich-fachliches Können zur Qualifizierung der indigenen Bevölkerung zur Verfügung stellt.
Wer diese Bildungsprojekte unterstützen will, erfährt mehr bei Dr. Michael Becker, Tel. 040/24877-355, E-Mail: becker@erzbistumhamburg.de
Spendenkonto des Erzbistums Hamburg IBAN: DE37 4006 0265 0000 0051 51 BIC: GENODEM1DKM DKM Darlehenskasse Münster Kennwort: Partnerschaftsfonds Iguazu
Text: Andreas Hüser / Neue Kirchenzeitung 12. Juni 2022
Foto (v. li.): Diakon Erk Werner, Francisca Gonzalez, Marlene Yenzer, Katrin Hoppmann, Augustina Jara, Michael Becker und Gertrud Theobald. | Foto: Christof Haake