Startseite > Der Langstreckenläufer
Schreiben Sie uns per Messenger
Startseite > Der Langstreckenläufer

Der Langstreckenläufer

Zum Tod unseres Redakteurs Andreas Hüser

Veröffentlicht am: 15. Juni 2025
teilen

M. Heinen/ Erzbistum Hamburg

Wenn kurz vor Redaktionsschluss etwas Gravierendes passiert, müssen Redakteure einen kühlen Kopf bewahren und funktionieren. Stirbt zum Beispiel überraschend eine bedeutende Persönlichkeit, dann muss ein Nachruf her und es herrscht eine ungeheure Anspannung, die sich erst löst, wenn alles getan ist.

Andreas Hüser, Redaktionsleiter der Neuen Kirchenzeitung in Hamburg, hatte irgendwann einmal aufgeschnappt, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von Journalisten 60 Jahre beträgt. Ob es stimmt, ist schwer zu sagen. Aber ahü, so lautete sein Kürzel und so wurde er im Kollegenkreis oft genannt, lag uns nun schon seit Jahren damit in den Ohren, erst recht, wo nun im Oktober mit seinem 66. Geburtstag die Rente bevorstand. Er sei schon drüber über die Altersgrenze und überhaupt, er sei vorbereitet. Seinen beiden Kollegen in der Hamburger Redaktion empfahl er erst kürzlich, ihren Nachruf am besten selbst schon mal zu schreiben. So war sein Humor, pechschwarz, aber mit diesem beunruhigenden Körnchen Ernsthaftigkeit und ansonsten staubtrocken und ehrlich. Sein Glaube, tief und unerschütterlich.

Aus der Ruhe bringen ließ sich der gebürtige Dortmunder und bekennende Borussia-Fan nur sehr selten. Hektik? Nicht mit ihm – was andere zur Verzweiflung treiben konnte. Aber in der Ruhe liegt die Kraft, die auch Andreas Hüser innewohnte. Zeit für lange Telefonate, einen Kaffee und eine selbstgedrehte Zigarette musste sein, ebenso für lange Läufe an der Alster. 

Andreas Hüser, der seit Gründung des Erzbistums Hamburg das Geschehen dort für die Bistumspresse publizistisch begleitete und vielen als das Gedächtnis des Erzbistums galt, war ein Vielschreiber, wenn nötig rasend schnell. „80 Zeilen schreibe ich über alles“, zitierte er immer den Kollegen einer westfälischen Lokalzeitung, bei der er gelernt hatte. Ihm selbst fiel es ebenfalls leicht, sogar aus einer sehr dünnen Suppe noch rasch eine lesenswerte Geschichte zu machen. Bei Interviews und Terminen machte er sich nur wenige, völlig unleserliche Notizen. Wie er daraus Texte destillieren konnte, wird ein Rätsel bleiben. 

Intellektuelle Stilübungen, schlau formulierte Inhaltsleere, das war seine Sache nicht. Im Gegenteil: Kam ein Thema kompliziert daher, nahm er es auseinander und setzte es so wieder zusammen, dass es auch „Oma Kleti aus Klein Posemuckel“ verstehen konnte. Denn das war sein Anspruch, klar und verständlich für die Leser zu schreiben. Für Leserinnen natürlich auch, aber „klar und verständlich“, das war aus seiner Sicht unvereinbar mit allen Varianten der Gendersprache. Wortgeklingel jeder Art, Kirchensprache, politische Korrektheit hatten in Texten unseres Kollegen nichts zu suchen. 

Der Diplomtheologe, der immer mal wieder ein Zitat von Friedrich Nietzsche, Karl Rahner oder Charles Bukowski parat hatte, war ein feinsinniger, kluger Mensch, ungeheuer belesen und musikalisch bewandert. Rein äußerlich wirkte Andreas Hüser nicht so, weil ihm Äußerlichkeiten ohnehin egal waren und er vieles nicht so wichtig nahm, am wenigsten sich selbst. 

Die meiste Energie verwandte ahü auf seine theologischen Kleinode, die in der „alten“ Kirchenzeitung auf der Horizont-Seite erschienen und im Magazin in der Rubrik „Glaubensleben“. Theologie, mit der jeder etwas anfangen konnte, schnörkellos und verständlich – und meist begeisternd. In seinem letzten Text auf Seite 54 geht es um die Himmelsschlüssel, die Jesus Petrus anvertraute. Der Beitrag endet mit einem Wort Jesu, dem letzten Satz des Matthäusevangeliums: „Siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“

Andreas Hüser hat fest daran geglaubt, dass er nicht allein ist. Obwohl der Familienvater von vier Kindern es zuletzt nicht immer leicht hatte. Am Freitag, den 13. Juni, als die Redaktionsarbeit an der aktuellen Ausgabe getan war, ging Andreas Hüser laufen. Als er die Schwäche seines Herzens spürte, rief er selbst den Notarzt, der jedoch nichts mehr ausrichten konnte. Der Langstreckenläufer hatte sein Ziel erreicht. Sein Ziel war nicht der Ruhestand.

Stress wegen eines Nachrufs? Nee, nicht bei so einem verlässlichen, warmherzigen Freund und Kollegen. Da schreibt sich das von selbst, und 80 Zeilen reichen längst nicht. Denn so einer fehlt.

Von Marco Heinen

Erzbischof Heße zum Tod von Andreas Hüser

„Auf Helgoland, unserer kleinsten Nordseeinsel, habe ich die Nachricht vom Tod von Andreas Hüser, unseres Chefredakteurs der Kirchenzeitung gehört. In diesen Stunden und Tagen denken wir an seine Kinder und seine Frau; an Verwandte, Freunde und Kollegen. Möge Gott allen Trost und Segen schenken. Wir sind trotz aller Trauer, die unsere Herzen schwer machen, dankbar, mit ihm gelebt und gearbeitet zu haben. Er war Journalist durch und durch, kannte das Erzbistum wie kein anderer. Und er war ein  Theologe und Philosoph, der das in Münster und Freiburg Gelernte gut zu übersetzen wusste, nicht nur in der Kirchenzeitung, auch im Abendblatt und als Ausbilder der vielen Volontärinnen und Volontäre, die durch die Jahrzehnte vor seinem Schreibtisch Platz nahmen. Zum Jahresende wäre er in den Ruhestand gegangen. Es ist zu vermuten, dass er das von ihm geliebte Schreiben nicht aufgeben hätte.

Danke Andreas Hüser, danke für die auch kritisch-solidarische Begleitung, wir wissen Sie nun in Gottes Händen.“ 

Erzbischof Dr. Stefan Heße

Gottesdienst

Die Mitarbeitendenmesse am Donnerstag, 19. Juni 2025, um 12:30 Uhr im St. Marien-Dom wird im Gedenken an Andreas Hüser gefeiert. Alle sind herzlich eingeladen.

Erinnerungen

Sie können hier Ihre Beileidsbekundungen oder Erinnerungen an Andreas Hüser eintragen.

  • Erinnerungen eintragen

    Sie müssen eine E-Mail-Adresse angeben, die aber später nicht angezeigt wird. Bitte schreiben Sie Ihren Namen am Ende des Textes, wenn Sie es wünschen.

    Der Eintrag wird nach einer Prüfung veröffentlicht.

    Klicken Sie hier, für Ihren Eintrag.

  • Erinnerungen lesen

    Ich hab heute nachgeschaut. Mein letzter
    Emailkontakt mit ihm war Mitte März. Ich hatte
    ihm eine Rückmeldung auf einen seiner Texte
    geschrieben. Zurück kamen warmherzige
    Worte. Und eine Frage. An die Warmherzigkeit
    konnte ich mich erinnern. Die Frage hatte ich
    überlesen. Wie schade. Und wie häufig mir das
    im Leben passiert- Fragen nicht wahrzunehmen.
    Es war mir eine Freude, mit dem Kollegen
    zusammen zu arbeiten! Der Text, der mich so
    beeindruckt hat, wird mich noch lange begleiten. Danke.

    Mit Andreas verlieren wir einen wunderbaren Freund, mit dem uns viele gemeinsame Erlebnisse in den vergangenen 50 Jahren verbinden: angefangen in der Bonifatiusgemeinde in Dortmund, fortgesetzt in der Jumelage mit der Partnergemeinde in Besancon und dann die unvergessene Zeit in einer katholischen Studentenverbindung in Münster. Der Kontakt ist nie abgebrochen, obwohl er seltener geworden war. Aber wenn wir uns gesehen haben, dann war alles sehr präsent: sein Humor und seine Spiritualität. Sein Lebensinhalt waren die großen Themen der Philosophie und Theologie. Er konnte sie auch dem Laien verständlich darstellen. Seinen Sinn für die scheinbar trivialen Dinge des Lebens waren ihm nicht fremd: so wurde immer wieder mit einem Augenzwinkern nach der weiteren Geschichte unserer Imbissbude A..Schie in Dortmund gefragt.
    Adi: Deine Freunde werden Dich nicht vergessen; lege ein gutes Wort ein für uns, wenn unser Lebensweg zu Ende geht.
    Stefan Middel

    Im August trafen wir uns nach 16 Jahren zufällig auf einem Autobahn-Parkplatz in Bayern und redeten wie immer über Gott und Welt. Du hast mit Verstand und Herz gelebt und gearbeitet. Dieses Herz steht jetzt still; ahü, du fehlst!
    Sebastian von Melle

    Andreas er war ein Sprachkünstler, ein guter Hörer und ein großer Theologe.
    Er hat mir viel beigebracht, mich ermutigt die Ausbildung beim Ifp zu machen und war vor allem ein
    guter und einfühlsamer Freund.
    Möge er nun die Nähe Gottes erleben. Für mich gehört er zu den persönlichen Heiligen!

    Lieber Andreas,
    vor ein paar Tagen haben wir uns noch gesprochen und Du hast mir von Deiner bevorstehenden Zeit am Möhnesee erzählt, wo Du ab Ende des Jahres Deinen Ruhestand verbringen wolltest.
    Seit 30 Jahren durfte ich Dir und der Reaktion ununterbrochen als Freiberufler zuarbeiten, Aufträge übernehmen und Beiträge liefern. Durch unsere Verbundenheit in viele Bereiche des Erzbistums konnten wir uns immer wieder gegenseitig mit Infos und Einblicken unterstützen und unser Wissen über das Leben in den Gemeinden, Verbänden und Institutionen ergänzen.
    Nun bist Du gegangen - ausgerechnet beim Sport. Es ist so traurig, aber irgendwie fast schon wieder typisch für Dich.
    Ruhe in Frieden, lieber ahü!
    Matthias Greve

    Lieber Andreas,
    Du warst für mich nicht nur ein Meister des Wortes, sondern auch der Stille.
    An manch ein Gespräch / Telefonat erinnere ich mich. Ich sagte etwas, dann
    war erst einmal Stille auf Deiner Seite. "Kommt jetzt noch was?", fragte ich
    mich anfangs. Ja, es kam immer "etwas", etwas von Dir "Be-dachtes", etwas,
    das oft genug in die Weite und Tiefe führte. Nicht nur dafür habe Dank.

    Jetzt werde ich die Stille Deiner Abwesenheit aushalten müssen und hoffe
    glaubend, dass Du nicht in der Stille des Todes verharrst, sondern erfüllt
    bist von von der Melodie Gottes, die Dir Leben in Fülle schenkt.
    Jan Geldern

    Ich habe einen guten Freund verloren, der meine Textbeiträge immer liebevoll kritisch besprach.
    Seine Texte habe ich immer gern gelesen, da diese
    innen heraus von ihm kamen.
    Tschüss Andreas, wir sehen uns beim "Chef" wieder..

    Diakon Peter Meinke

    Ach, lieber Andreas, ich war völlig schockiert,
    als ich die schreckliche Nachricht gelesen hatte.
    Du warst ein lieber und liebenswerter Mensch,
    ein kluger, feiner und feinsinniger Kollege, einer,
    der pointiert Dinge auf den Punkt gebracht
    hat. Du, der Du mit Deiner positiven „Ruhrpott-Mentalität“
    geschildert, berichtet und kommentiert hast.
    Du warst und bleibst für mich ein toller Typ, mit
    dem ich mich vor drei Wochen auf dem Dom
    platz und auch in der Kirche in Geesthacht noch
    u.a. über Dein bald angestanden habendes
    Rentner-Dasein unterhalten habe. Deinen
    spitzbübischen Humor, Dein „Klampfe-Spielen“,
    Deine kernige Art, Dein Lachen und weit mehr
    bleiben mir unvergessen.
    Ich bin erschüttert, traurig und schockiert.
    Meine Gedanken sind bei Dir ebenso wie bei
    Deiner lieben Familie. Mögen Deine Lieben behütet sein -
    und Trost finden….
    Mögest Du selbst Frieden finden dort, wo unser
    aller „Zieleinlauf“ ist. Liebe Grüße!

    Hubertus Ebbesmeyer

    Ich habe kaum einen zweiten so feinsinnigen
    Menschen kennengelernt. Sein
    tiefsinniger, trockener Humor, sein
    Durchblick. Ob er über Alltagsge
    schichten oder hohe Theologie schrieb,
    er öffnete Augen und Herz und er war
    ein authentischer Mensch, der es in
    sich hatte. Danke Andreas!

    Norbert Bezikofer

    Ach, wie traurig! Wir hatten doch noch gerade auf dem SeSam-Tag kurz
    miteinander gesprochen und Sie hatten meinen kritischen O-Ton notiert.
    "Wo sollen die ganzen Ehrenamtlichen denn eigentlich herkommen?"

    Ich hab eben in St. Antonius eine Kerze für Sie angezündet. Mögen Engel
    Sie geleiten.

    Christina Lürken

    Die gerade gelesene Todesnachricht von ahü macht mich sehr sehr traurig
    und lässt meine Tränen laufen....
    Möge er nun das sehen und spüren, wovon er immer wieder so grandios
    geschrieben hat. Die NKZ ohne ahü nicht vorstellbar, aber nunmehr Wirklichkeit.
    Lebe in Frieden!

    Michael Veldboer

    Irgendwie steht noch immer für mich alles still. Ich habe zwischenzeitlich
    mir noch einmal jenes Buch angeschaut, das mir Andreas Hüser einmal geschenkt hat.
    Wir tauschten; ich gab ihm mein Buch „Im Geheimnis leben -
    Zum Wagnis des Glaubens in der Spur Karl Rahners ermutigen“ und er
    schenkte mir sein Nietzsche – Buch: Andreas Hüser „Wo selbst die Wege
    nachdenklich werden.“
    Es gibt Situationen, die kann man nur aus dem Glauben heraus und im
    Glauben bestehen, weil nur von dorther Trost kommt, der hält. Andreas
    war nicht nur ein ganz lieber Freund - er war zutiefst ein Mensch des Glaubens.
    Seine Widmung in seinem Buch kann uns allen ein großer Trost in
    dieser Situation sein, denn in ihr schrieb Andreas über Friedrich Nietzsche,
    den Pastorensohn aus Röcken bei Leipzig, den er intensiv studierte:
    „Er konnte den Stern nicht sehen, aber er hat auch für ihn geleuchtet.“

    Mehr braucht‘ s nicht. Möge der Stern der Liebe auch unserem lieben Andreas Hüser
    aufgehen im Angesicht Gottes.

    Rudi

    Möge er in Frieden leben! Mit großer Dankbarkeit denke ich an ahü, von dem
    ich seit meinem Praktikum als Neunklässler immer wieder viel lernen durfte.
    Die Begegnungen mit Andreas waren stets anregend, kurzweilig und zu
    gleich tief. Er fehlt.

    P. Dag Heinrichowski SJ

    Mehr als 30 Jahre gemeinsames Arbeiten, Freundschaft, Gespräche, Spargel, Musik - vorbei.
    Dir geht es gut jetzt, wo auch immer du bist.

    Du bleibst in Erinnerung.

    Lieber Andreas,
    Ruhe in Frieden - und mach es gut.
    Danke, dass ich die kennenlernen durfte.

    Liebe Grüße Katja Petersen

    Andreas Hüser war ein edler Mensch, hilfreich und gut. Über Jahrzehnte war er mir ein hoch geschätzter Kollege. Ich bin sehr traurig über seinen Tod.

    Manfred Nielen

powered by webEdition CMS