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Berührende Ostertage in St. Michael auf Helgoland

Veröffentlicht am: 9. April 2024
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Gast-Kirchenmusikerin Julia Göbel berichtet hier von einem bewegenden Ostergottesdienst in der St. Michael-Kirche auf Helgoland: 

Ostern vor 30 Jahren im Kloster Marienberg in den Südtiroler Bergen: Im Dunkel der Nacht das Licht und die Wärme des Feuers, von Kerze zu Kerze weitergegeben, bis der Schein der Osterkerzen das altehrwürdige Gemäuer in warmen Glanz hüllt. Eine Osternacht aus meiner Jugend, an deren Zauber ich mich bis heute erinnere. Dazu die Begegnung mit dem befreundeten Benediktinerpater Peter, heute Abt von Muri Gries/Bozen, dessen schlichtes und authentisches Leben aus dem Glauben mich tief beeindruckte.

Jahrzehnte später eine Osternacht im Münsteraner Dom: Unzählige Messdiener, Würdenträger in prachtvollen Gewändern, eine perfekt einstudierte Choreografie, ästhetisch vollendet und bis ins kleinste Detail einstudiert – von der Musik mit großem Chor und Orchester bis hin zum frommen Blick des Messdieners. Jeder Knicks sitzt, die Perfektion ist fast übermenschlich. Bis zu dem Moment, an dem einer der Messdiener einen falschen Schritt macht und unwirsch vom diensthabenden Zeremonienmeister am Kragen gepackt und mit einem Blick bedacht wird, der mich stutzig macht: Wenn Blicke töten könnten… mitten in der Auferstehungsfeier.

Dieses Jahr sitze ich in der Osternacht am Klavier in der katholischen Kirche St. Michael auf Helgoland. Mein Blick fällt auf den kleinen Chor, der meiner Einladung gefolgt ist und sich für die musikalische Gestaltung der Osternacht zusammengefunden hat. Eine Mischung aus Insulanern und Gästen. Jeder von ihnen bringt seine eigene Geschichte mit, aber alle verbindet die Begeisterung fürs Singen, die Sehnsucht nach Glauben und Gemeinschaft. Mittendrin meine Familie und zwei Frauen, die hier mit unvergleichlicher Herzensfreude christlichen Geist spürbar werden lassen: ein freundlicher Blick, eine einladende Geste jedem, der die Kirche betritt, ein ansteckendes Lachen, als vom Weihrauch der Feuermelder ins Exultet mit einstimmt, eine herzliche Einladung zum gemütlichen Beisammensein nach den Gottesdiensten, zu Gespräch, Austausch, Kaffee und Osterlamm, zum Reden über Gott und die Welt. Und in allem eine spürbare Quelle der Freude und Motivation, sich mit ganzem Herzen und ganzer Seele einzubringen in die Gestaltung und das Miteinander im Glauben. Hier darf man Mensch sein und Fehler machen, hier darf man sich und anderen begegnen – alles in dem Bewusstsein, dass es nicht eine perfekte Zeremonie ist, der gehuldigt wird, sondern dass wir in all unserer Unvollkommenheit etwas viel Größeres feiern, das über uns hinausweist: Gottes Liebe, die den Tod besiegt, und seinen lebendigen Geist, der in diesen Ostertagen in St. Michael auf Helgoland mittendrin ist.

 „Wo zwei oder drei zusammen sind, da bin ich dabei. – Jesus Christus.“ So steht es als Leitwort über dem Eingang der Kirche. Vielleicht muss unsere Kirche erst wieder ganz bescheiden anfangen, wie in dieser kleinen Inselgemeinde und mit offenem Herzen und suchendem Geist Raum schaffen, um Wesentliches in Christi Nachfolge wiederzuentdecken. Und dafür braucht es Menschen wie Gudrun Zandt und Stefanie Queren auf Helgoland!

Julia Göbel, Musiklehrerin an der Friedensschule in Münster 

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